Pfleger kämmt ältere Dame

Landau: „455.000 pflegebedürftige Menschen jetzt nicht im Stich lassen!“

Caritas Präsident Landau und Patientenanwalt Bachinger forderten bei der heutigen Pressekonferenz die zuständigen PolitikerInnen auf, sich mit der Gestaltung und Finanzierung des Pflegesystems auseinanderzusetzen. "Die derzeitige Situation an den Bahnhöfen und die Zeltlager in Österreich dürfen unseren Blick jetzt auf andere drängende Fragen nicht verstellen", betonte Landau. "Wir sind auch dann gefordert, wenn es um ein Thema geht, von dem deutlich mehr Menschen in diesem Land direkt betroffen sind: vom Thema Pflege." Bereits fünf Prozent der Bevölkerung sind heute älter als 80 Jahre. Im Jahr 2050 werden es mit 11,5 Prozent mehr als doppelt so viele sein - rund 1 Million Menschen. Landau: "Das Ziel im Blick voraus muss weiterhin lauten, eine am Menschen orientierte Pflege sicherzustellen - und zwar für Jeden und Jede, auch für sozial Schwache." 

Pflegefonds verlängern, Pflegegeld erhöhen!

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz skizzierten Bachinger und Landau einen Sechs-Punkte-Plan für ein zukunftstaugliches Pflegesystem. "Wir benötigen Planungssicherheit über das Jahr 2016 hinaus. Die Caritas fordert, dass der Pflegefonds zumindest bis zum Jahr 2020 verlängert wird. Die 455.000 PflegegeldbezieherInnen in diesem Land brauchen Sicherheiten. Und eine solche Sicherheit sollte lauten, dass das Thema Pflege endlich aus der Sozialhilfe-Logik befreit und auf Dauer solidarisch finanziert wird. Bis heute ist das nicht der Fall!" 

Bachinger ergänzend: "Der Pflegefonds muss langfristig zum zentralen Finanzierungs- und Steuerungsinstrument im Pflegebereich gemacht werden und wir brauchen österreichweit einheitliche Qualitäts-, Versorgungs- und Finanzierungsstandards. Auch das ist bis heute noch immer nicht der Fall." Bachinger und Landau forderten auch eine längst überfällige Erhöhung des Pflegegelds. Seit der Einführung im Jahr 1993 hat das Pflegegeld rund 30 Prozent seines Wertes verloren. 

"Das Pflegegeld muss im Sinne der Betroffenen endlich erhöht werden", fordert Landau. "Die Erhöhung um zwei Prozent - wie zuletzt beschlossen - kann nichts anderes als ein erster Schritt sein. Es braucht eine Erhöhung und eine laufende, indexgebundene Valorisierung des Pflegegelds." 

Gütesiegel für 24-Stunden-Betreuung!

Landau und Bachinger begrüßen, dass das Gewerbe der Personenbetreuung von jenem der Vermittlung nun tatsächlich getrennt wird. Und Landau weiter: "Ja, es ist auch gut, wenn Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner nun Standes- und Ausübungsregeln für die 24-Stunden-Betreuung ausarbeiten lässt. Als Caritas fordern wir aber weitere Schritte ein: Mindeststandards allein werden nicht genügen. Wir fordern einheitliche Qualitätsstandards und ein Qualitätsgütesiegel - im Sinne der Betroffenen und der PersonenbetreuerInnen selbst." Es sollte in der Folge auch angedacht werden, dass KundInnen geprüfter Agenturen eine erhöhte Förderung für die 24-Stunden-Betreuung erhalten.

Demenzstrategie jetzt!

In Österreich leben derzeit rund 130.000 an Demenz erkrankte Menschen. Der Betreuungs- und Pflegebedarf wird weiter steigen. "Schon heute sind Demenzerkrankungen der häufigste Grund für Pflegebedürftigkeit. Und sie sind mit Sicherheit jene Erkrankungen, die Angehörige am meisten belasten", erläutert Landau. "Bei Demenz geht es nicht um ein rein medizinisches Problem. Die geplante Demenzstrategie wird nur ein Erfolg werden, wenn alle an einem Strang ziehen. Es müssen schon jetzt genügend Ressourcen bereitgestellt

werden, um morgen qualifizierte Fachkräfte, Unterstützungs- und Entlastungsdienste für Betroffene und pflegende Angehörige zur Verfügung zu stellen. Und auch im Falle von Demenz erkrankten Menschen sind Änderungen beim Pflegegeld dringend erforderlich: Hier muss die Pflegegeldeinstufung dringend verbessert werden. Der sogenannte Erschwerniszuschlag ist aus unserer Sicht ein völlig ungeeignete Maßnahme, um den tatsächlichen Bedarf und die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz abzubilden."

Benötigen Novelle der Novelle!

Einig sind sich Bachinger und Landau, dass die aktuelle Reform des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes aus Sicht der Betroffenen ungenügend ist. "Beziehung und Alltagsgestaltung sind Schwerpunkte in

der Langzeitbetreuung und Langzeitpflege. Pflege ohne Beziehung kann nicht stattfinden", so Bachinger. "Doch diese Aspekte sind im vorliegenden Begutachtungsentwurf leider nicht abgebildet. Dieser Entwurf ist rein auf die Erfordernisse der Akutspitäler zugeschnitten." Auch Landau setzt hier große Hoffnungen auf die versprochenen Nachverhandlungen wenn es um Langzeitpflege und um Menschen mit Behinderung geht.

Migration als Chance für Pflege nützen!

Landau zeigte sich auch überzeugt, dass wir die aktuelle Situation an den Grenzen und den Bahnhöfen nicht nur als Herausforderung sehen dürfen, sondern auch als Chance begreifen müssen. "Schon heute verfügen mehr als zwei Drittel unserer MitarbeiterInnen in den Senioren- und Pflegehäusern über Migrationshintergrund. Wir fordern: Gerade wenn es um jene Menschen geht, die mit hoher Wahrscheinlichkeit in Österreich bleiben werden, können und müssen wir die Kompetenzen dieser Menschen rasch klären, bereits vorhandene Abschlüsse nostrifizieren und entsprechende Ausbildungswege eröffnen. Begreifen wir diese Menschen nicht nur als Herausforderung, sondern auch als Chance!"

Betreuungsmanagement für pflegende Angehörige!

Patientenanwalt Bachinger: "Für viele pflegende Angehörige ist das Angebot an Pflegedienst- und Hilfsleistungen unüberschaubar. Hier könnte ein Betreuungsmanager pflegende Angehörige und Verwandte wirkungsvoll unterstützen. Vor allem für Menschen ohne Familienverband könnte ein derartiges Angebot eine große Hilfe sein. Über ein unterstützendes Betreuungsmanagement können Betreuung und Pflege effizient, sektorenübergreifend organisiert werden."


(Presseaussendung 11.9.2015)