Michael Landau

Zum Asylgipfel: Keine Lösungen für Menschen in Not

Den Wunsch der Bundesregierung, die Flüchtlingszahlen drastisch zu senken, kommentiert Caritas Präsident Landau so:

„Natürlich wünschen auch wir uns als Caritas, niemand müsste fliehen. Aber in Zeiten von Krieg und florierendem Waffenhandel ist das leider realitätsfern. Verzweifelte Menschen werden sich nicht aufhalten lassen: Die Fluchtrouten werden sich verschieben, Schlepper vermehrt profitieren.“

 

„Von der Dimension und Komplexität der Herausforderung her kann es nur eine europäische Lösung geben: Einheitliche Verfahrensstandards, einheitliche Aufnahmebedingungen und die gerechte Verteilung der Flüchtlinge auf alle 28 Mitgliedsstaaten“, so Landau: „Parallel dazu muss die ganz konkrete Hilfe für Menschen in ihrer Heimat deutlich hochgefahren werden!“

 

Bei der Einführung von Obergrenzen orten RechtsexpertInnen Verstöße gegen völkerrechtliche Verpflichtungen Österreichs sowie gegen europarechtliche und menschenrechtliche Standards. Am Montag sagte der Präsident des Europäischen Gerichtshofs Koen Lenaerts, immer, wenn jemand asylberechtigt sei, habe er nach dem Unionsrecht das Anrecht darauf, als Flüchtling anerkannt zu werden. Das sei schwer vereinbar mit irgendeiner Zahl oder Obergrenze.

 

Im Bereich der bedarfsorientierten Mindestsicherung plant die Bundesregierung, verstärktes Augenmerk auf Integrationspflichten (Sprache, Werte, arbeitsmarktrelevante Fähigkeiten) zu legen. Sollten entsprechende Integrationsmaßnahmen nicht oder mangelhaft angenommen werden, sollen die Länder von ihren bestehenden Sanktionsmöglichkeiten, sprich Kürzung der Mindestsicherung, ausnahmslos Gebrauch machen.

 

„Asyl auf Zeit halte ich für ein Placebo mit schädlichen Nebenwirkungen, insbesondere was die Integration von anerkannten Flüchtlingen im Sinne der Genfer Konvention betrifft!

Und so lange es in Österreich keine flächendeckenden Integrationsangebote gibt, allen voran Deutschkurse, macht es wenig Sinn, über Sanktionen laut nachzudenken. Aus unserer Erfahrung heraus wollen die Menschen lernen. Unser vorrangiges Ziel sollte daher sein, ihnen das Lernen zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang begrüßen wir ausdrücklich die heute angekündigten, verpflichtenden Deutschkurse bereits im Asylverfahren “, so der Caritas Präsident und weiter:

„Anerkannte Flüchtlinge sind europa- und völkerrechtlich bezüglich der Sozialleistungen Staatsbürgern gleich zu stellen. Ich halte es für falsch, sozial schwache Gruppen gegeneinander auszuspielen.“ Darüber hinaus sei klar zu stellen, dass Asylwerber überhaupt keine Mindestsicherung beziehen, sondern nur eine Grundversorgung erhalten. Diese aber sei notwendig, da es zu einem fairen Asylverfahren dazugehöre, dass man es nicht unter der Brücke erlebt, und eine Parkbank ist auch keine Zustelladresse für einen Bescheid, so Landau.

 

Was ist zu tun?

Man müsse daher weiterhin für eine Lösung vorrangig bei den Fluchtursachen ansetzen: „Nur Frieden und Stabilität in den Herkunftsregionen von Menschen auf der Flucht können verhindern, dass sich Frauen, Männer und Kinder auf den Weg machen. Wenn Menschen so verzweifelt sind, dass sie sich mit einem Neugeborenen in einem Schlauchboot übers Mittelmeer wagen oder ihre Großeltern im Rollstuhl auf der Balkan-Route quer durch Europa schieben, werden sie sich weder von Obergrenzen noch von Verzögerungstaktiken bei der Bearbeitung von Asylanträgen, Wartezonen oder mehr Bürokratie, wie zum Beispiel Asyl auf Zeit, aufhalten lassen. Alle Maßnahmen, die nicht bei den Ursachen des Leids ansetzen, werden nur dazu führen, dass noch mehr Menschen ihr Leben verlieren, weil sie aus Verzweiflung gefährlichere Fluchtrouten in Kauf nehmen. Auf eine sinkende Attraktivität Österreichs zu setzen, ist wohl keine sinnvolle Maßnahme.“

 

Die Caritas fordert, so wie viele Hilfsorganisationen, bei Überlegungen zum Umgang mit den vielen Flüchtlingen ExpertInnen mit einzubeziehen: UNHCR und spezialisierte NGOs sollten nicht nur im Versorgungsbereich eingesetzt werden, sondern auch ihre Expertise aus ihrer täglichen Arbeit sollte genutzt werden.

 

„Klar ist: Es braucht umfangreiche Maßnahmen zur Integration von Flüchtlingen, angefangen beim Spracherwerb bis hin zur Schaffung von leistbarem Wohnraum, Arbeitsmarktmaßnahmen und Qualifizierungsoffensiven. Dazu braucht es öffentliche Investitionen und gesellschaftliches Engagement. Wenn wir die Integrationsschritte erfolgreich schaffen, werden sich diese Investitionen auf lange Sicht gesellschaftlich und volkswirtschaftlich bezahlt machen“, so Michael Landau.

 

Einer Studie des Internationalen Währungsfonds (IWF) (Jänner 2016) zufolge bringt der Zustrom von Flüchtlingen aus Syrien nach Europa mehr Wirtschaftswachstum in den Aufnahmeländern. Investitionen in Integrationsmaßnahmen würde es unmittelbar brauchen, denn ob dieses Wachstum mittel- und langfristig gehalten werden könne, hänge vor allem davon ob, wie gut die Flüchtlinge in die jeweiligen Gesellschaften integriert werden könnten. „Dieser Effekt ist konzentriert auf die Hauptzielländer Deutschland, Österreich und Schweden“, heißt es in der Studie.