Kürzung der Mindestsicherung - Diakonie und Caritas erschüttert

Caritas-Direktor Franz Kehrer, MAS und Mag.a Christa Schrauf, Rektorin des Diakoniewerks, zeigen sich in einer gemeinsamen Aussendung bestürzt über den heutigen Landtags-Beschluss zu einer massiven Kürzung der Mindestsicherung für Asylberechtigte. Von einer „Mindestsicherung“, die eine Existenzsicherung gewährleistet, hat man sich mit den heute beschlossenen Beträgen verabschiedet. Menschlichkeit und sozialer Zusammenhalt werden untergraben, Armut wird bewusst in Kauf genommen.

 

Stellungnahme Franz Kehrer, MAS, Direktor der Caritas in Oberösterreich:

Dass die oberösterreichische Landesregierung fundierte Argumente ignoriert hat und mit den Kürzungen der Mindestsicherung die soziale Stabilität aufs Spiel setzt, macht mich tief betroffen. Nicht nur die Kürzungen an sich, sondern schon allein die Begründungen dafür haben dem sozialen Zusammenhalt in unserem Land großen Schaden zugefügt. Flüchtlinge als Sozialschmarotzer und untragbare Belastung darzustellen, belastet enorm das gesellschaftliche Klima und schürt Neid und Missgunst. Der Brandanschlag auf das Flüchtlingsheim in Altenfelden hat das leider sehr deutlich vor Augen geführt. Dass sich nun die Landtagsabgeordneten in der gleichen Sitzung in einer gemeinsamen Erklärung anlässlich des Brandanschlages zu einer humanitären Asylpolitik und gesellschaftlichem Zusammenhalt bekennen und dann in der Folge Maßnahmen beschließen, die Menschlichkeit vermissen lassen, ist eine große Schieflage.

Von 520 Euro kann man angesichts der sehr stark gestiegenen Mietpreise keine eigene Wohnung bezahlen und den Lebensunterhalt bestreiten. Das verpflichtende Bemühen um Arbeit ist bereits in den jetzigen Bestimmungen der Mindestsicherung geregelt. Tagtäglich erfahren wir, dass die Menschen auch schon während des Asylverfahrens nichts lieber täten, als zu arbeiten. Wenn sie dann einen positiven Asylbescheid erhalten und Österreich ihnen damit Schutz vor Krieg und Verfolgung gibt, braucht es angesichts der schwierigen Lage am Arbeitsmarkt eine Existenzsicherung für die Zeit bis sie eine Arbeit finden, von der sie sich selbst erhalten können.

Dass nun angedacht wird, dass die Menschen bis zu einem Jahr in ihren Grundversorgungsquartieren bleiben können – sie erhalten bis dahin keine Mindestsicherung, sondern 6 Euro täglich – ist zwar eine begrüßenswerte Maßnahme, die aber nur wenig mehr Zeit gibt, um einen Job zu finden. Und wenn das in diesem Jahr nicht gelingt, droht ebenso wieder die Armutsfalle mit 520 Euro. Darüber hinaus ist es natürlich besser, die Integration so rasch wie möglich ab Asyl-Anerkennung voranzutreiben und das wird erschwert, wenn man relativ isoliert in einem Asyl-Quartier lebt.

Wir bedauern sehr, dass diese Maßnahmen wohl zu einem hohen Grad als populistisch zu werten sind und auf dem Rücken von Menschen in Notlagen ausgetragen werden. Wenn man tatsächlich Vorsorge für die Zukunft und den Erhalt unseres Sozialsystems treffen will, dann sind die Hebel bei Qualifizierungsmaßnahmen, der Schaffung von Arbeitsplätzen und leistbarem geförderten Wohnraum anzusetzen. Dadurch wären auch mittelfristig weniger Menschen auf die bedarfsorientierte Mindestsicherung angewiesen.

 

Stellungnahme Mag. Christa Schrauf, Rektorin des Diakoniewerks:

Die drastische Kürzung der Mindestsicherung für Menschen mit positivem Asylbescheid und subsidiärer Schutzberechtigung, um fast die Hälfte, ist eine Integrationsbremse. Mit dieser Maßnahme sind soziale Probleme und Brennpunkte vorprogrammiert. Menschen, die so wenig zur Verfügung haben, nur 150 Euro für Wohnen, bleibt nur eine prekäre Wohnsituation und die wird nicht in der Mitte der Gesellschaft sein. Gesellschaftliche Teilhabe und damit Integration ist unter solchen Voraussetzungen nicht möglich. 

Es reicht auch nicht den Integrationswillen an einer Unterschrift festzumachen und an einen Bonus von 155 Euro/Monat zu knüpfen. Integration braucht den Willen der gesamten Gesellschaft, jedes Einzelnen.

Das beschlossene Modell, das nun vorsieht, dass Menschen mit einem positiven Asylbescheid bis zu einem weiteren Jahr im Grundversorgungsquartier bleiben können, verzögert die Integration, zu der Arbeiten und selbständig Wohnen gehört, maßgeblich.

Aus den Erfahrungen in der Grundversorgung wissen wir, dass diese Menschen, nach lebensbedrohlichen und teils traumatischen Erfahrungen bei uns Schutz und nicht die soziale Hängematte suchen. Sie wollen arbeiten, um für sich und ihre Familien zu sorgen. Sparmaßnahmen und Sanktionen an den Schwächsten fördern nicht den gesellschaftlichen Zusammenhalt, sondern bewirken das Gegenteil.

Fakt ist auch, Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte sind nicht die hauptsächlichen Kostentreiber der Mindestsicherung. Es sind vielmehr Faktoren, die wirtschaftliche Ursachen haben, wie fehlende Arbeitsplätze, steigende Wohnungskosten und nicht existenzsichernde Jobs. Hier gilt es von Seiten der Politik Maßnahmen zu setzen. Die Mindestsicherung ist ein Instrument zur Armutsprävention. Sie dient der Überbrückung von Notlagen und ist bereits jetzt ausreichend an Bestimmungen geknüpft – wie z.B. dem Bemühen um Arbeit.