Ausgezeichnet: Caritas und Raiffeisen vergeben Prälat-Leopold-Ungar-JournalistInnenpreis 2017

Mittwochabend wurden im magdas HOTEL in Wien zum 14. Mal JournalistInnen mit dem Prälat-Leopold-Ungar-JournalistInnenpreis ausgezeichnet.

Der Preis, der im Sinne des Lebenswerkes von Prälat Leopold Ungar von der Caritas der Erzdiözese Wien und der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien vergeben wird, ist mit 20.000 Euro der höchstdotierte JournalistInnenpreis Österreichs. In der Kategorie Print wurden dieses Jahr Moritz Gottsauner-Wolf und Jürg Christandl für die Beiträge "Viele wollen gar nicht nach Europa", "Rettung bei Nacht" und "Sie behandeln uns schlimmer als Tiere" in der Tageszeitung „Kurier“ ausgezeichnet. Preisträgerin in der Kategorie TV ist Beate Haselmayer für „Russland – Gewalt erlaubt“ im „ORF WELTjournal“. In der Kategorie Hörfunk überzeugte Bartholomäus von Laffert mit „Mittelmeer – Das Sterben hat kein Ende“, gesendet im Format „Europa-Journal“ auf „Ö1“. In der Kategorie Online wurde heuer der Hauptpreis an Yvonne Widler für den Beitrag „Gedanken von unheilbar kranken Menschen“ auf „Kurier Online“ vergeben.

In seinen Eröffnungsworten ging Caritas Präsident Michael Landau auf die für den Journalismus schwierigen Zeiten ein – in wirtschaftlicher, aber auch in politischer Hinsicht. Landau wies darauf hin, dass der Vorwurf einer gelenkten und gesteuerten Berichterstattung längst nicht mehr nur ein Topos an den Rändern des Meinungsspektrums sei. „Dieses Vorurteil wurde und wird ganz bewusst weitergereicht: Von den Rändern bis tief hinein in die Mitte der Gesellschaft. Er wird heute von fast allen Parteien, Listen und Bewegungen mehr oder weniger stark geteilt: Auf Wahlveranstaltungen im Bierzelt und in den TV-Studios. Subtil in Nebensätzen. Meist aber völlig unverhohlen auf offener Bühne.“ Landau appellierte an die anwesenden VertreterInnen der Medien, deshalb aufklärerisch im besten Sinn zu wirken.„Qualitätsjournalismus war schon lange nicht so bedroht und gleichzeitig so dringend benötigt wie heute. Denn oft regieren auch bei uns Stimmung statt Fakten, Emotion und Ressentiment anstelle von Inhalten und Einordnung. Umso wichtiger ist es, die Arbeit jener JournalistInnen zu würdigen, die für Fragen einstehen, die keinen Aufschub dulden: Dort, wo es um Armut, um Hunger, um Flucht und um soziale Ausgrenzung geht.“ Und abschließend: „Gehen Sie weiterhin verantwortungsbewusst mit ihrer Aufgabe um. Stehen Sie für die Freiheiten der Presse ein und verteidigen Sie sie gegen all jene, denen eine bloß rapportierende Presse lieber wäre. Verteidigen Sie sie aber auch gegen all die in den eigenen Reihen, die diese Freiheiten zum Zwecke der Skandalisierung missbrauchen. Ihre Aufgabe muss mehr denn je lauten, künftig auch wieder jene Menschen mit ihren Berichten und Artikeln zu erreichen, die sich vom bürgerlichen Diskurs verabschiedet haben.“

Raiffeisen NÖ-Wien Prokuristin Dr.in Michaela Stefan betonte: „Raiffeisen und die Caritas verbindet seit vielen Jahren eine gute Partnerschaft – weit über den Prälat Ungar Preis hinaus. Mit diesem Medienpreis sollen Journalistinnen und Journalisten ermuntert werden, weiterhin – unabhängig vom jeweils herrschenden Zeitgeist – Professionalität mit Empathie und Ehrlichkeit zu verbinden.“

 

Die PreisträgerInnen und die Jury-Begründungen im Überblick

Moritz Gottsauner-Wolf und Jürg Christandl überzeugten in der Kategorie Print mit einer Reportageserie zum Thema ‚Flucht über das Mittelmeer‘. Die gründliche Recherche an Ort und Stelle, drei Wochen auf einem Schiff der „Ärzte ohne Grenzen“, verbunden mit der berührenden, anschaulichen Darstellung in Wort und Bild ergeben einen „Faktencheck“, der diese Bezeichnung tatsächlich verdient. Gottsauner-Wolf und Christandl nehmen ihre Leserinnen und Leser mit auf eine Reise an einen der zentralen Schauplätze europäischer Politik, der oft genug auch ein Schaupatz des Grauens ist. Der „Kurier“ sei ausdrücklich lobend erwähnt, da es in Zeiten knapper Ressourcen nicht selbstverständlich ist, zwei Journalisten drei Wochen lang auf Reportage zu schicken. Mit der Auszeichnung wolle die Jury auch andere Chefredaktionen ermuntern, es dem „Kurier“ gleich zu tun.

Beate Haselmayer wurde für ihren Beitrag „Russland – Gewalt erlaubt“ im ORF „WELTjournal“ von der Jury in der Kategorie TV mit dem Hauptpreis gewürdigt: Nach Schätzungen stirbt in Russland alle 40 Minuten eine Frau durch Gewalt. Zehntausende Kinder werden misshandelt. Anfang Februar hat  Präsident Putin ein Gesetz unterzeichnet, das häusliche Gewalt zu einer Verwaltungsübertretung macht und damit bagatellisiert. Für die WELTjournal-Reporterin Beate Haselmayer Anlass aufzuzeigen, wie sehr die russische Gesellschaft von Gewalt geprägt ist. Über eine russische Freundin, die von ihrem Mann geschlagen wurde, findet sie einen sehr persönlichen Zugang. Sie trifft  Opfer, Täter und Helferinnen und führt vor Augen, dass die Gewalt in Russland auch vor Minderheiten, Andersdenkenden oder Homosexuellen nicht Halt macht. Eine ausgezeichnet gemachte Reportage mit der richtigen Mischung aus Information und Emotion.

Bartholomäus von Laffert wurde in der Kategorie Hörfunk für „Mittelmeer – Das Sterben hat kein Ende“ von der Jury einstimmig ausgewählt. Nie haben mehr Menschen versucht, über das Mittelmeer von Libyen nach Europa zu fliehen als in den vergangenen Jahren. Nie sind dabei mehr Menschen gestorben: 5000 im Jahr 2016, in diesem Jahr nach Zählung des Flüchtlingshilfswerks UNHCR rund 2000. Die freiwilligen Helfer der NGO Sea-Watch sind seit 2015 unterwegs, um in Seenot geratene Flüchtlinge zu retten – gegen den Widerstand der libyschen Küstenwache und gegen politische Kritik aus Italien und Österreich. Drei Wochen lang hat der in Wien lebende freie Reporter Bartholomäus von Laffert die Helfer an Bord der Sea-Watch 2 vor der libyschen Küste begleitet und ein packendes, berührendes und handwerklich hoch professionelles Radio-Feature gestaltet.

 

In der Kategorie Online wurde heuer der Hauptpreis an Yvonne Widler für den Beitrag „Gedanken von unheilbar kranken Menschen“ im Kurier Online verliehen. „Die letzte schwere Krise im Leben eines Menschen ist dann, wenn eine todbringende, unheilbare Krankheit diagnostiziert wird. (...) Eine Krankheit, die eine begrenzte Lebenszeit bedeutet, ist eine unserer größten Ängste“, schreibt Yvonne Widler in ihrer erschütternden Online-Reportage über vier Menschen, die dem Tod geweiht sind. Sie selbst hat keine Angst davor, sich mit diesem harten Thema auseinanderzusetzen und dabei ganz nah an die Betroffenen heranzurücken. Es ist ein tabuisiertes Thema, das Widler aufgreift, und sie gibt Menschen eine Stimme, die man sonst selten hört. Vor allem die Audiofiles berühren und machen die Geschichte bedrückend lebendig.

 

Anerkennungspreise wurden heuer in der Kategorie Print an Mareike Boysen („ballesterer“) und Nina Strasser („News“) vergeben. In der Kategorie TV wurden Alexandra Wachter („PULS 4 News-Reportage“), Kim Kadlec („ORF Am Schauplatz“) sowie Markus Stachl („ORF Thema“) ausgezeichnet. Die Anerkennungen im Bereich Hörfunk gingen an BIZEPS - Zentrum für Selbstbestimmtes Leben („ORANGE 94.0“), Johannes Kaup („Ö1 Radiokolleg“) und Beate Tomassovits („Ö1 Journal-Panorama“). Die Redaktion APA-Science erhielt einen Anerkennungspreis in der Kategorie Online.

 

(Presseaussendung Caritas Wien 8.11.2017)