Daniela Bordesser am Podium

© Caritas/Neumayr/Leo

Weiblich, alleinerziehend, arm. Caritas fordert umfassendes Paket gegen Frauenarmut

Parr: "Frauen brauchen existenzsicherndes Einkommen und Pension, um nicht in Armut und Abhängigkeitsverhältnisse zu geraten." Caritas bittet um Spenden für Menschen in Not.


„Der Satz ‚Die Krise ist vorbei‘ ist nach wie vor nicht angebracht. Nicht aus epidemiologischer Sicht und auch nicht, wenn es um die sozialen Folgen der Pandemie geht. In Österreich sind 1,22 Millionen Menschen armutsgefährdet“, warnt Caritas Präsident Michael Landau im Zuge eines Pressebesuchs der Caritas-Einrichtungen in Salzburg. Die Corona-Krise habe neue Menschengruppen in prekäre Situationen gebracht. Ein Drittel der momentan Hilfesuchenden in den Caritas Sozialberatungsstellen haben noch nie zuvor Caritas-Unterstützung in Anspruch genommen. Und ganz häufig betroffen sind Frauen und insbesondere Alleinerzieherinnen. Landau: „Wir müssen uns dem Thema als Gesellschaft stellen. Denn Frauenarmut geht alle an – auch und gerade die Männer.“

Frauen strukturell benachteiligt und besonders gefährdet

Frauen sind nicht nur statistisch stärker von Armut betroffen als Männer, auch in den Caritas Einrichtungen nehmen vermehrt Frauen Hilfe in Anspruch, sagt Caritas Generalsekretärin Anna Parr: „Gerade jetzt sehen wir, dass viele Frauen am Ende ihrer Kräfte sind. Lange Phasen des Homeschoolings, Jobverlust, beengte Wohnverhältnisse im Lockdown – all das hat insbesondere bei Frauen, Alleinerziehenden und ihren Kindern langfristig Spuren hinterlassen.“ So ist im Zeitraum Februar 2020 bis März 2021 die Zahl der Frauen ohne Job um 40 Prozent gestiegen. Dabei übernehmen Frauen einen Hauptteil der unbezahlten Arbeit wie Haushalt, Kindererziehung oder die Pflege von Angehörigen. Parr: „Die Pandemie hat die Benachteiligung von Frauen im Erwerbsleben nochmal verschärft. Längere Karenzzeiten, Teilzeitarbeit und atypische Beschäftigungsverhältnisse ergeben Einkommensverluste und Pensionsversicherungszeiten, die Frauen zu Männern im gleichen Alter nie mehr aufholen können und die sie auch oft in Abhängigkeitsverhältnisse treiben.“

Auch Trennungen bedeuten ein enorm erhöhtes Armutsgefährdungsrisiko für Frauen. Dies sei einer der Gründe, warum von Gewalt betroffene Frauen erst nach Jahren Hilfe von außen aufsuchen, so Parr: „Wir sehen in unseren Einrichtungen, dass die Ursachen von Wohnungslosigkeit von Frauen häufig akute Gewaltsituationen durch den Partner sind. Das immer noch vorherrschende ‚Ernährer Modell‘, nach dem der Mann der Hauptverdiener ist und die Frau vorrangig die Haus- und Familienarbeit übernimmt, birgt ein hohes Armuts- und Abhängigkeitsrisiko für Frauen.“

Steigende Wohn- und Energiekosten als Herausforderung

Die Pandemie habe Schwachstellen im Sozialsystem klar sichtbar gemacht, so Landau: „Wenn ich an die neue Sozialhilfe denke, oder auch das Arbeitslosengeld, das für viele nicht ausreicht, um ein existenzsicherndes Leben zu führen.“ Steigende Miet- und Energiekosten bereiten momentan zahlreichen Menschen Probleme, so Landau: „Wohnen, Heizen, Energie – die Kosten für die Erfüllung von Grundbedürfnissen werden für viele vermehrt zur Herausforderung. Nicht allein für Armutsbetroffene, sondern für Menschen bis weit in die Mitte der Gesellschaft hinein.“ Österreichweit haben im letzten Jahr 45 Prozent der Klient*innen in den Caritas Sozialberatungsstellen Beratung zum Thema Wohnen & Energie in Anspruch genommen. Da sei die Möglichkeit der Mietstundungen für viele Familien enorm wichtig gewesen, so Landau. Doch für etliche ist es jetzt schwierig bis unmöglich, diese gestundeten Rückstände zurückzuzahlen.

Gezielte Förderung von Frauen um Abhängigkeitsverhältnisse zu verhindern

Im Hinblick auf die Armutsgefährdung von Frauen appelliert Parr an die Regierung, mit einem umfassenden Frauenpaket Abhängigkeiten und das Verharren in gewalttätigen Beziehung zu verhindern: „Klar ist: Frauen brauchen ein existenzsicherndes Einkommen und eine ausreichende Pension, um nicht in Armut und Abhängigkeitsverhältnisse zu geraten.“ Voraussetzungen dafür seien eine Reform des Unterhaltsvorschusses, ein flächendeckender Ausbau der frühen Hilfen und der Kinderbetreuungsangebote sowie ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr. Und nicht zuletzt müsse die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die auch die Väterbeteiligung erhöht, zum erklärten politischen Ziel werden.

Landau pocht darauf, Menschen, die in Notsituationen geraten sind, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu unterstützen: „Dort, wo die Existenzsicherung durch Erwerbsarbeit nicht bzw. nicht in ausreichender Höhe gesichert ist, müssen Sozialleistungen ein menschenwürdiges Leben ermöglichen. Aktuell ist das nicht durchgängig der Fall.“ Es brauche eine Reform der Sozialhilfe Neu, eine dauerhafte Erhöhung des Arbeitslosengeldes, das vor Armut schützt und eine faire Ausgestaltung des Familienbonus. Landau: „Der Bundesregierung ist es gelungen, eine noch dramatischere Pandemie der Armut zu verhindern. Jetzt gilt es aber dort hinzusehen, wo sie dennoch Not- und prekäre Lebenssituationen verursacht und strukturelle Lücken sichtbar gemacht hat. Dafür braucht es beides: Individuelle und strukturelle Solidarität. Und ich weiß: Diese Unterstützung macht einen echten Unterschied für das Leben der Betroffenen – und damit auch einen Unterschied für unsere Gesellschaft.“

Caritas hilft dort, wo Corona Armut hinterlässt.

Viele Menschen wenden sich infolge der Pandemie erstmals an die Caritas, weil sie dringend Hilfe brauchen. Mit der steigenden Nachfrage an Hilfe, steigt auch der Spendenbedarf. Jede Spende hilft. Sie wärmt, sie macht satt, sie schenkt ein Dach über dem Kopf.

€ 100,–

für ein Startpaket in die Selbstständigkeit

€ 40,–

füllen den leeren Kühlschrank einer Alleinerziehenden

€ 33,–

für eine friedliche Nacht für zwei


Die Caritas dankt der Erste Bank und Sparkasse herzlich für die finanzielle Unterstützung.