Eine Frau sitzt auf einer Bank, auf ihrem Schoß ein kleines Kind mit Kuscheltier in der Hand.

15 Euro pro Tag nach Wohnen und Heizen. Das ist die bittere Realität.

Zahlen der Caritas-Sozialberatung zeichnen alarmierendes Bild von Armut in Ö. Armutszahlen bleiben auf hohem Niveau. Nun geplante Kürzungen bringen Menschen noch mehr unter Druck.

Im Jahr 2024 haben sich mehr als 50.000 Menschen an die Sozialberatungsstellen der Caritas gewandt, mit ihren Familienmitgliedern sind das rund 106.000 Menschen. Seit 2022 ist das ein Anstieg um fast 40 %. Zurückzuführen ist das vor allem auf die Teuerungen. Insbesondere im Bereich Energie haben viele Menschen Unterstützung erhalten. Die Krisenjahre haben Spuren hinterlassen: Armut hat zugenommen – und sie bleibt auf diesem hohen Niveau bestehen. „Die Caritas-Sozialberatung ist ein Seismograf für Notlagen und zeigt klar: Armut ist Alltag für viele. Diese Menschen können nicht sparen, sie können sich das Nötigste nicht leisten!“, schildert Anna Parr, Generalsekretärin der Caritas Österreich. „Wer nur 15 Euro pro Tag zum Leben hat, spürt jeden gekürzten Euro sofort“, Parr weiter.

15 Euro pro Tag reichen nicht aus – trotzdem kürzt die Regierung.

Konkret gestrichen werden der Klimabonus und die Inflationsanpassung bei zentralen Familienleistungen. Gleichzeitig behält der Staat ein Drittel der kalten Progression ein, das bislang auch für armutsmindernde Maßnahmen genutzt wurde. Von diesen Kürzungen sind vor allem Haushalte mit geringem Einkommen, Mehrkindfamilien und Alleinerziehende betroffen – und damit vor allem Frauen und Kinder.

Zwar enthält das Doppelbudget auch richtige Ansätze wie ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr oder einen Unterhaltsfonds. Auch das Regierungsprogramm sieht sinnvolle Maßnahmen vor, die finanziell schlechter gestellte Haushalte unterstützen werden. Hier sind Details zu Zeitpunkt und Umfang jedoch noch offen.

Die sehr zeitnah geplanten Kürzungen sind jetzt bekannt. Ihre Folgen werden unmittelbar spürbar sein. Nach Abzug der Wohn- und Energiekosten bleiben den Menschen, die sich in der Sozialberatung an uns wenden, schon jetzt im Durchschnitt nur noch 15 Euro pro Tag für alles andere. Essen, Kleidung, Reparaturen, Schulmaterialien, Medikamente, Freizeitgestaltung. Mit den jetzt im Budget vorgesehenen Maßnahmen wird der Druck für armutsbetroffene Haushalte noch größer werden.

In der Caritas-Sozialberatung bestätigt sich, was auch die Armutsstatistik (EU SILC) aufzeigt. Die Krisenjahre haben Spuren hinterlassen. Armut verfestigt sich. Schon jetzt ist ein Drittel aller Familien mit Kindern armutsgefährdet. 43 % der von uns in der Sozialberatung betreuten Haushalte beziehen Familienleistungen. Wer hier kürzt, bedroht die Existenz dieser Familien. Im Jahr 2024 hat die Caritas Sozialberatung rund 30.000 Kinder unterstützt. Ihre Chancen auf Bildung, Gesundheit und soziale Teilhabe sind bereits jetzt massiv eingeschränkt.

Diese Realität steht im Widerspruch zum Regierungsziel, die Kinderarmut bis zum Jahr 2030 zu halbieren.

Viele der Hilfesuchenden, die in die Caritas-Sozialberatung kommen, sind Alleinerziehende oder leben allein. Sie tragen allein die Verantwortung für Haushalt, Einkommen und Kinder. Besonders stark trifft die Teuerung Familien mit mehreren Kindern. Auch Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen, Pflegeverpflichtungen oder niedrigen Pensionen wenden sich an uns. Und: Es sind nicht nur Erwerbsarbeitslose. In jedem vierten Haushalt gibt es Arbeit, aber das Einkommen reicht trotzdem nicht.

Frauen tragen die Hauptlast – und zahlen den höchsten Preis.
Sie machen 55 % der Hilfesuchenden in der Caritas-Sozialberatung aus. Sie übernehmen den Großteil der Care-Arbeit: Sie betreuen Kinder, pflegen Angehörige und führen den Haushalt – oft zusätzlich zu schlecht bezahlter oder Teilzeitarbeit. Gleichzeitig verfügen sie über deutlich weniger eigenes Einkommen und Vermögen. Für viele Frauen sichern Familienbeihilfe oder Kinderbetreuungsgeld das Überleben.

Die Regierung sagt: Sparen. Caritas sagt: Gerecht handeln!
„Armut muss ins Zentrum der politischen Aufmerksamkeit rücken. Mit 336.000 Betroffenen ist die Zahl nach wie vor hoch. Das darf nicht länger ignoriert werden“, fordert Anna Parr. „Ein Budget muss auf Solidarität setzen. Das bedeutet, dass nicht alle gleich viel beitragen können. Armutsbetroffene Menschen und Familien müssen geschützt werden.“

Das fordern wir jetzt:
Parr: „Jene Teile des Budgets, die so direkte Auswirkungen auf armutsbetroffene Menschen haben werden, dürfen nicht in dieser Form beschlossen werden. Armutsbetroffene Menschen können nicht denselben Beitrag zur Budgetkonsolidierung leisten wie andere.“

  • Die Valorisierung der Familienleistungen muss beibehalten werden. Sie sichern Existenzen.

  • Sozial gestaffelter Klimabonus statt Pauschalstreichung.

  • Schnelle Einführung einer Kindergrundsicherung bei gleichzeitiger Überarbeitung des Familienbonus Plus. Dieser unterstützt aktuell vor allem höhere Einkommen, nicht aber Haushalte mit niedrigerem Einkommen.

  • Schaffung einer Datengrundlage für zielgerichtete Hilfen: Denn nur, wenn wir die Einkommenssituationen in den Haushalten kennen, kann treffsicher unterstützt und gespart werden.

  • Die im Regierungsprogramm angekündigten wichtigen Maßnahmen zur Armutsprävention müssen jetzt rasch und vorrangig umgesetzt werden. Dazu zählen insbesondere die Kindergrundsicherung, der Unterhaltsfonds, der Energie-Sozialtarif und Maßnahmen für leistbares Wohnen.

„Wer Armut bekämpfen will, muss dort handeln, wo der Druck am größten ist: bei den Menschen, die mit jedem Euro rechnen müssen. Die Bundesregierung darf diesen Druck nicht durch Kürzungen noch erhöhen. Dieses Budget braucht dringend Korrekturen. Denn eine solidarische Gesellschaft lebt davon, dass Politik Verantwortung übernimmt – und niemanden zurücklässt.“ Parr abschließend.

Zur Caritas-Sozialberatungsstatistik
In rund 70 Sozialberatungsstellen in ganz Österreich begleitet die Caritas täglich Menschen, die in akuten Notlagen nicht mehr weiterwissen. Viele von ihnen können sich das Lebensnotwendige nicht mehr leisten – Miete, Heizung, Strom oder Lebensmittel werden zur Belastung. Die Gründe dafür sind vielfältig: Krankheit, Jobverlust, Teuerung, familiäre Krisen und das Abrutschen unter die Armutsgrenze.
Die Sozialberatungsstatistik basiert auf den Daten der Caritas-Diözesen und wurde vom Österreichischen Institut für Familienforschung (ÖIF) ausgewertet.