Ausstellung „Caritas vor 50 Jahren: Höhepunkt der BIAFRA-Luftbrücke“

Die Ausstellung ist vom 3. Dezember bis 12. Jänner zu sehen (Foto: Peter Williams).

 

Die Caritas der Diözese Innsbruck lädt Sie recht herzlich zur Vernissage der Ausstellung „Caritas vor 50 Jahren: Höhepunkt der BIAFRA-LUFTBRÜCKE“ ein:

Dienstag, 3. Dezember 2019, um 16 Uhr in der Caritas-Zentrale (Heiliggeiststraße 16)

Die Foto-Ausstellung wird mit einem Vortrag von Jakob Ringler, Zeitzeuge und Einsatzleiter der größten zivilen Hilfsluftbrücke und größten ökumenischen Hilfsaktion und später Tiroler Rettungs- und Luftfahrtpionier, eröffnet. Als Ehrengäste dürfen Bischof Hermann Glettler und Pfarrer Martin Chukwu begrüßt werden. Die Eröffnungsworte spricht Caritasdirektor Georg Schärmer.  

Die Bilder der Ausstellung sind bis einschließlich 12. Jänner 2020 zu den regulären Öffnungszeiten in der Zentrale der Caritas zu sehen (Montag-Freitag 8:00-12:30 Uhr und 13:30-17:00 Uhr – am Freitag nur am Vormittag).

 

Hintergrundinformation:
Biafra war ein sezessionistischer Staat in Nigeria und sollte durch Aushungern vernichtet werden. Mehrere Millionen „Igbos“ sind verhungert, davon etwa eine Million Kinder. Die Luftbrücke hat nach seinerzeitigen UNO-Schätzungen einer weiteren Million Kinder das Überleben gerettet. Renommierte Fluggesellschaften landeten im Auftrag der Kirchen unter Kriegsbedingungen und nur nachts mit viermotorigen Airlinern auf einer Urwaldstraße – eine unvorstellbare Meisterleistung.  

Wie kam es dazu?
In einer verfehlten britischen Kolonialpolitik wurden in Nigeria rivalisierende Völker und Religionen zusammengewürfelt, was nach der Unabhängigkeit von Großbritannien zu ständigen und immer stärker werdenden Konflikten führte. Einer der Höhepunkte waren die Pogrome von radikalen Muslimen gegen die christlichen Igbos, die im Norden Nigerias als Händler, Beamte, Lehrer, Ärzte etc. arbeiteten. In einer Nacht wurden 1966 in Kano 35.000 Igbos ermordet. Aus Furcht vor weiteren Pogromen flüchteten zwei Millionen Igbos aus ganz Nigeria in ihr Kernland in der Südostprovinz Nigerias. Die Igbos, ein christliches Volk (mit dem damals höchsten Akademikerstand Afrikas), riefen nach weiteren Morden und politischen Problemen Mitte 1967 die Unabhängigkeit aus und gründeten den Staat Biafra.

Zweieinhalb Jahre Krieg 
Nigeria wollte die abtrünnige Region Biafra als eigenen Staat nicht akzeptieren und begann einen zweieinhalb Jahre dauernden Krieg gegen Biafra. Es war ein ethnischer Krieg, ein Religionskrieg, ein geopolitischer Krieg und ein Krieg ums Öl. Die Großmächte bezogen Position gegen oder für Biafra, England propagierte den „quick kill“ gegen die Igbos, Russland lieferte Waffen an Nigeria.  Frankreich, Portugal und einige afrikanische Staaten anerkannten oder unterstützten Biafra.

Aushungern als Kriegswaffe
Der nigerianische Staatschef Yakubu Gowon erklärte das Aushungern eines Volkes als zulässiges Mittel der Kriegsführung, woraufhin Papst Paul VI. verkündete, hungernde und sterbende Kinder mit Lebensmitteln und Medikamenten zu versorgen, stehe weit über jeglichen von Menschen erlassenen Gesetzen. Diese Aussage des Vatikans und das tägliche Sterben von bis zu 10.000 Kindern war u.a. der „Freibrief“ für Fluggesellschaften, Piloten, die Caritas und die protestantischen Kirchen, des Roten Kreuz und unzähliger Helfer eine in jeder Hinsicht illegale Luftbrücke aufzubauen. Europäische und amerikanische Luftfahrtbehörden tolerierten die Verstöße im Sinne der Humanität.

Beginn der Luftbrücke
Die nigerianische Armee umzingelte ganz Biafra, das zu einer Enklave wurde, vom Meer und allen Verkehrswegen abgeschnitten. Etwa zwölf Millionen Menschen wurden in einem immer kleiner werdenden Gebiet so groß wie Vorarlberg zusammengepfercht. Eine der größten humanitären Hungerkatastrophen bahnte sich an. Nach dem Fall des einzigen Flughafens Port Harcourt an die Nigerianer wurde in wenigen Tagen eine Straße im Urwald zu einem Flugplatz mit dem Namen „Uli“ umfunktioniert. Zeitweise wurde Uli zum verkehrsreichsten Flugplatz Afrikas, obwohl der Betrieb nur nachts möglich war, alles im Dunkeln abgewickelt wurde, es keinen Tower, keine Betankung, keine Feuerwehr, keine Bodengeräte und keine Gebäude gab. Fast zwei Jahre war Uli die einzige Lebensader nach Biafra. Von der Kirchenluftbrücke wurden nach Uli 5.314 Flüge durchgeführt und 59.000 Tonnen Lebensmittel und Medikamente nach Biafra gebracht.

Ende der Luftbrücke
Als im Januar 1970 die nigerianischen Truppen den Buschflugplatz überrannten und Biafra kapitulierte, war „die geopolitische Ordnung wiederhergestellt“ und der Staat Biafra Geschichte. In den Köpfen so mancher Igbos spukt nach 50 Jahren der Wille zu einem unabhängigen Biafra immer noch im Kopf herum. Verstärkt wird das durch die islamistischen Übergriffe und Attentate gegen Kirchen und die Entführungen und Versklavungen ganzer christlicher Mädchenschulen.

Jakob Ringler vor Ort
Der ehemalige Tiroler Luftfahrtunternehmer Jakob Ringler war vor 50 Jahren Einsatzleiter der Caritas auf der damals portugiesischen Insel São Tomé, dem Brückenkopf der Biafra-Luftbrücke der Vereinten Kirchenhilfe „Joint Church Aid“ (JCA). Die Abkürzung JCA wurde inoffiziell auch als Jesus Christ Airlines verwendet. Joint Church Aid wurde gemeinsam von Caritas und den im Weltkirchenrat zusammengefassten protestantischen Kirchen betrieben, die größte gesamtchristliche Hilfsorganisation, die es je gab.