Caritas: Strategie für Entwicklungspolitik dringend notwendig

Knapp: „Wir steuern auf eine Hungerkatastrophe zu. Österreich muss jetzt mit entwicklungspolitischen Strategien und Erhöhung der Gelder seiner Verantwortung nachkommen.“

Die Zahl derer, die Hunger leiden, ist alarmierend hoch: Zum ersten Mal seit zwei Jahrzehnten steigt die Zahl an Menschen ohne ausreichend Nahrung weltweit an. In Afrika, südlich der Sahara, leidet jeder fünfte Mensch an chronischem Hunger. Weltweit kommt jedes 7. Kind dabei untergewichtig zur Welt. 22 % der Kinder unter fünf Jahren leiden an chronischer Unterernährung. Kriege und Konflikte, COVID-19, Klimakrise und steigende Armut gepaart mit zunehmenden Ungleichheiten verschärfen die Situation für die vulnerabelsten Gruppen weltweit.

Angesichts dieser sich gegenseitig verstärkenden Krisen appelliert Andreas Knapp, Caritas Generalsekretär für Internationale Programme an die Bundesregierung, die im Regierungsprogramm vorgesehene Erhöhung der öffentlichen Gelder für die Entwicklungszusammenarbeit und die strategischen Grundlagen der österreichischen Entwicklungspolitik, nämlich das Dreijahresprogramm der österreichischen Entwicklungspolitik 2022-2024 und die Strategie der Humanitären Hilfe der Republik Österreich zu beschließen: „Wir steuern auf zusätzliche humanitäre Krisen und eine Hungerkatastrophe zu. Die Covid-19 Pandemie und der aktuelle Krieg in der Ukraine haben schlagartig alles verändert. Es müssen daher jetzt neue Schwerpunkte in der Entwicklungszusammenarbeit gesetzt werden und die humanitäre Hilfe strategisch ausgerichtet werden, um auf die aktuellen Herausforderungen reagieren zu können. Gegenwärtig fehlt es an Planbarkeit.“ Die Strategien der österreichischen Entwicklungspolitik sind mittlerweile ausgelaufen. Aktualisierte Strategien für die Periode 2022-2024, die - wie im aktuellen Regierungsprogramm verankert - eine substanzielle Erhöhung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit vorsehen, hätten seit Ende 2021 beschlossen werden sollen.

Dominoeffekt des Ukrainekriegs nicht außer Acht lassen

Österreichs Regierung hat unlängst dringend notwendige Mittel für Menschen in Not in der Ukraine und den Nachbarländern beschlossen. Millionen Menschen sind auf diese Humanitäre Hilfe angewiesen und werden es noch lange sein. Knapp: „Neben der sehr notwendigen Hilfe für die Menschen in der Ukraine dürfen wir auch jene Länder nicht vergessen, die unter dem 'Dominoeffekt' leiden. Der Krieg wird die Ernährungssituation weltweit beeinflussen - die Kosten für Lebensmittel und Energie explodieren!“. Bereits vor Kriegsbeginn hat die Covid-19 Pandemie die globale Armutslage dramatisch verschärft. Die Erfolge der letzten Dekaden im Kampf gegen globale Armut könnten demnach noch dieses Jahr zunichtegemacht werden. „Nach einer aktuellen Schätzung von Oxfam könnten allein in diesem Jahr mehr als eine Viertelmilliarde Menschen zusätzlich in extreme Armut gedrängt werden. Hinter dieser Zahl stehen persönliche Schicksale und Menschenleben“, so Knapp. Den Oxfam-Schätzungen zufolge wird die Anzahl der Menschen, die in extremer Armut – das heißt mit weniger als 1,80 Euro am Tag - leben müssen, auf 860 Millionen steigen.

Österreich muss seinen Beitrag leisten!

Gleichzeitig hinkt Österreich vergleichbaren EU-Ländern hinterher und hat im Jahr 2021 nicht einmal die Hälfte der Gelder aufgebracht, zu denen sich Österreich international verpflichtet hat. Laut vorläufiger OECD-Zahlen hat Österreich im Jahr 2021 nur 0,31 % des Bruttonationaleinkommens (BNE) für öffentliche Entwicklungshilfen bereitgestellt. Im Vergleich dazu stellte Deutschland 0,74 % und Luxemburg sogar 0,99 % seines BNE zur globalen Armutsbekämpfung zur Verfügung.

Angesichts der multiplen Krisen braucht es dringend ein positives Signal, dass Österreich seiner entwicklungspolitischen Verantwortung nachkommt, so Knapp: „Es ist höchst an der Zeit, das Budget für Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe, wie im Regierungsprogramm vereinbart, zu erhöhen und das Dreijahresprogramm zu beschließen. Österreich und Europa profitieren ebenfalls davon, wenn fragile Länder stabilisiert werden können, außerdem gilt es, globale Solidarität zu zeigen. Dazu braucht es nachhaltige Investitionen zur Armutsminderung, für die Ernährungssicherheit und für den Ausbau von Gesundheits- und Bildungssystemen. Um dies umzusetzen, führt kein Weg am vereinbarten Ziel von 0,7 % des Bruttonationaleinkommens für öffentliche Entwicklungshilfe vorbei. Aktuell liegt Österreich jedoch nicht mal auf halbem Weg des Ziels.“