Caritas zum Welttag der Humanitären Hilfe: Österreichs Entwicklungspolitik im Blindflug

Mehr Menschen als je zuvor auf Humanitäre Hilfe angewiesen. Bundesregierung bleibt überfälligen Beschluss strategischer Dokumente für Entwicklungspolitik dennoch schuldig.

„Die Folgen der Klimakrise, der Covid-19 Pandemie sowie die Auswirkungen bewaffneter Konflikte und nicht zuletzt des Kriegs in der Ukraine zwingen immer mehr Menschen in eine Notlage. Sie sind auf Humanitäre Hilfe angewiesen. Es ist höchst an der Zeit, dass die Bundesregierung die seit Ende 2021 fehlenden strategischen Beschlüsse für die Entwicklungszusammenarbeit fasst. Die Not der Menschen lässt es nicht zu, dass Österreichs Entwicklungspolitik sich in Krisenzeiten weiter im Blindflug befindet“, appelliert Andreas Knapp, Auslandshilfe-Generalsekretär der Caritas Österreich, anlässlich des Welttags der Humanitären Hilfe an die Bundesregierung.

Humanitäre Hilfe rettet Menschenleben und sollte weiter ausgebaut werden

„Klar ist, Humanitäre Hilfe rettet Menschenleben. Gerade in diesem Bereich kann auch ein kleines Land wie Österreich Großes leisten. Das sehen wir aktuell in der Nachbarschaftshilfe für die Ukraine, in der sowohl die Bürgerinnen und Bürger - beispielsweise im Rahmen von „Nachbar in Not“ - als auch die Bundesregierung rasch und effizient geholfen haben“, so Knapp. Seit Ausbruch des Krieges haben rund 3,4 Millionen Menschen in der Ukraine Hilfe von der Caritas erhalten. Die Hilfe reicht von der Versorgung von Binnenvertriebenen mit Lebensmitteln, Hygieneartikeln, psychosozialer Unterstützung, Bargeld bis hin zu einem sicheren Schlafplatz. In umkämpften Städten hat die Caritas Notanlaufstellen errichtet, wo die Menschen Medikamente und Essen bekommen. Insgesamt 42 Hilfstransporte mit 443 Tonnen an Hilfsgütern kamen den Menschen in der Ukraine zugute, viele weitere Transporte sind unterwegs und in Planung. „Unsere Hilfe ist deshalb so effizient und wirksam, weil wir mit professionellen Partnerorganisationen vor Ort – zum Teil auf langjähriger Basis – zusammenarbeiten. Sie sind die Ersthelferinnen und Ersthelfer, die tagtäglich allergrößten Mut beweisen, um zu helfen. Ihren Einsatz für Menschlichkeit in oftmals lebensbedrohlichen Situationen gilt es am Tag der Humanitären Hilfe besonders zu würdigen“, betont Knapp.

Hilfe darf nicht an Europas Grenzen enden

Die Hilfe darf aber nicht an Europas Grenzen enden. Als Folge der Klimakrise, der Covid-19 Pandemie, lokaler Konflikte und Inflations- und Preisdruck erleben wir aktuell eine dramatische Hungerkrise in vielen Weltregionen. „Beispielsweise ist die Zahl der Menschen, die von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen sind, seit 2019 von 135 Millionen auf 345 Millionen angestiegen. Insgesamt 50 Millionen Menschen in 45 Ländern stehen laut UNO am Rande einer Hungersnot und 882.000 Menschen stehen gar vor einer Hungerkatastrophe. Diese außergewöhnliche Not verlangt außergewöhnliche Hilfe“, zeigt Knapp die Dramatik auf. Als Caritas leisten wir an vielen dieser Brennpunkte Humanitäre Hilfe. In Zusammenarbeit mit lokalen Partnerorganisationen hilft die Caritas zum Beispiel in Syrien, in Äthiopien, in Burkina Faso, oder auch in Afghanistan, wo aktuell eine dramatische Hungersnot herrscht und zusätzlich ein verheerendes Erdbeben über 1.000 Menschenleben und unzählige Verletzte forderte. „Die Caritas begrüßt ausdrücklich die Erhöhung des staatlichen Auslandskatastrophenfonds. Diesen Weg gilt es aber konsequent weiterzugehen, um die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe schnellstmöglich auf die international vereinbarten 0,7 % des Bruttonationaleinkommens anzuheben und Menschen Perspektiven zu bieten“, so Knapp.

Keine Zeit mehr zu verlieren

Der Bedarf ist in jedem Fall gegeben: denn Katastrophen nehmen aufgrund globaler Krisen wie der Klimakrise, der Covid-19 Pandemie oder lokalen Konflikten dramatisch zu und werden teils chronisch. „Aufgrund des fehlenden Dreijahresprogramms für die Jahre 2022-2024 und der Strategie der Humanitären Hilfe können keine neuen Schwerpunkte in der Entwicklungspolitik gesetzt werden. In dynamischen Zeiten wie diesen hat dieses Fehlen von strategischen Ausrichtungen fatale Folgen“, betont Knapp. „Wir alle und auch die Bundesregierung sind in der Verantwortung, die Ursachen anhaltender Gewalt und Konflikte in Krisenregionen zu bekämpfen. So können wir weiteres Leid und Zerstörung vermeiden. Wir appellieren daher an die Bundesregierung, keine Zeit mehr zu verlieren, die offenen Strategien zu beschließen und die Erhöhung der Gelder für Entwicklungszusammenarbeit konsequent fortzuführen“, so Knapp.