Caritas zum Welttag der Bildung: Bildungsvererbung in Österreich nach wie vor Realität

Landau: „Bildung ist das beste Mittel, um Armut vorzubeugen.“ Caritas fordert Ausbau von Kindergartenplätzen, kostenloser Nachhilfe und Neukonzeptionierung der Deutschförderklassen

Zum Welttag der Bildung sagt Michael Landau, Präsident der Caritas Österreich: „Es ist in Österreich leider noch immer Realität: Ein Aufwachsen in Armut bedeutet für die Kinder von heute noch immer viel zu häufig ein kurzer Bildungsweg und schlussendlich auch ein Erwachsenenleben in Armut.“ Dass man sich als Eltern Nachhilfe erst einmal leisten können muss, verstärkt die ungleichen Bildungschancen, so Landau. Für viele Familien, vor allem Wenigverdienende und Alleinerziehende ist privater Nachhilfeunterricht gar keine Option. Ein Auffangnetz bieten außerschulische kostenlose Lernangebote wie etwa die 66 Caritas Lerncafés in ganz Österreich. Doch der Bedarf übersteigt das Angebot bei Weitem. Rund 1.000 Kinder warten aktuell auf einen Platz in einem Lerncafé.

Ausgaben für Bildung für viele nicht mehr leistbar

Die aktuelle Teuerungskrise hat die Situation armutsbetroffener Familien verschärft. Landau: „Damit die Kosten für Wohnung und Heizung gedeckt werden können, wird an allen anderen Ecken gespart. Häufig betrifft das Bildungsausgaben für die eigenen Kinder.“ In einer Umfrage von SORA im Auftrag der Caritas gaben im Herbst rund ein Drittel (35%) der Befragten an, aufgrund der Teuerungen bei der Förderung ihrer Kinder Abstriche machen zu müssen. „Dies kann dramatische Auswirkungen auf die Zukunft der betroffenen Kinder haben. Deshalb muss die Politik dem entschieden entgegenwirken“, sagt Landau.

Gleichermaßen gelte es, Kinder mit Migrationshintergrund im Bildungsbereich zu fördern, denn „Sprache und Bildung haben eine Schlüsselfunktion für gelingende Integration. Kinder mit Flucht- und Migrationshintergrund müssen rasch und flächendeckend kostenlosen Zugang zu alters- und kompetenzgerechten Sprach-, Aus- und Weiterbildungsangeboten bekommen. Das ist Voraussetzung für eine wirklich gelungene Integration“, sagt Landau. Das aktuelle Angebot der Deutschförderklassen entspreche dem nicht. Aktuell werden in Deutschförderklassen Kinder unterrichtet, deren Deutschkenntnisse unzureichend sind, um dem regulären Unterricht zu folgen. „Die Sprache wird daher schlecht und nur schwer erlernt und das führt zu Isolation, wie auch eine Evaluierung der Deutschförderklassen bestätigt hat. Es fehlen muttersprachliche Vorbilder und eine gezielte Förderung, die auf die jeweils individuelle Situation eingeht, findet nicht statt“, so Landau.

Bildungsarmutsspirale beenden

Bildung beginnt bereits im Kindergarten. Besonders Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten Verhältnissen profitieren vom Kindergartenbesuch. Gerade deshalb betont Landau auch die Wichtigkeit eines Rechtsanspruchs auf einen Kinderbetreuungsplatz und eines zügigen Ausbaus der Kinderbetreuungseinrichtungen hin zu einem flächendeckenden, hochwertigen Angebot. Zudem braucht es ein zweites verpflichtendes, gebührenfreies Kindergartenjahr. Auch vom Ausbau ganztätiger Schulformen würden Kinder aus armutsgefährdeten Familien profitieren. Landau: „Das Ziel muss sein, das Bildungssystem so weiterzuentwickeln, dass alle Kinder und Jugendlichen dort Bildungsabschlüsse schaffen. Leider sind wir davon noch weit entfernt. Bis dahin ist der Ausbau von kostenlosen außerschulischen Förder- und Lernbetreuungsangeboten wie den Lerncafés notwendig. Wir sehen: Die Möglichkeit, kostenlose Nachhilfe in Anspruch zu nehmen, ist oft entscheidend für einen Richtungswechsel hin zu einer Zukunft mit Perspektiven.“ Zudem fordert Landau, dass im Rahmen der nun diskutierten Reform der Deutschförderklassen der Deutscherwerb im Rahmen der Regelklassen ausgebaut wird: „Mit einer zweiten Lehrkraft und einer zusätzlichen Deutschförderung in Kleingruppen, in denen sowohl die Altersstufe, als auch das Deutschniveau berücksichtigt werden“.