Es sind Ruinen von Häusern zu sehen, zerstört von den Erdbeben. Ein Mann steht gebückt auf der Straße und kehrt.

© Zina Dayoub

Caritas zu 12 Jahre Krieg in Syrien: Erdbeben verschärft bestehende humanitäre Krise weiter

Landau: „Die Menschen in Syrien können auf die Hilfe der Caritas zählen. Angesichts der multiplen Krisen braucht es aber dringend mehr Mittel.“

Gut ein Monat nach dem verheerenden Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet ist die humanitäre Lage nach wie vor sehr besorgniserregend. 8,8 Mio. Menschen sind alleine in Syrien betroffen, die direkten Schäden werden im Land auf über 5 Mrd. Euro geschätzt. „Mit Syrien trifft das Erdbeben ein Land, das ohnehin schon in einer tiefgreifenden humanitären Krise steckt. Seit 12 Jahren tobt ein erbitterter Bürgerkrieg, der neben zahlreichen Opfern und unermesslichem menschlichen Leid auch einen wirtschaftlichen Niedergang zur Folge hatte. Bei gleichzeitig rasant steigenden Preisen für Lebensmittel ist bittere Armut und Hunger längst zum Alltag für viele Syrerinnen und Syrer geworden. Die ohnehin schon Ärmsten der Armen trifft es mit dem Beben nun erneut. Es ist ein Gebot der Menschlichkeit diese Menschen nicht im Stich zu lassen“, betont Michael Landau, Präsident der Caritas Österreich.

12 Jahr Krieg haben tiefe Spuren hinterlassen

„Die Realität ist, dass die Menschen in Syrien nach zwölf Jahren Krise allmählich die Hoffnung verlieren, dass sich ihr Leben wieder normalisieren kann“, sagt Andreas Knapp, Auslandshilfe-Generalsekretär der Caritas Österreich angesichts der multiplen und langanhaltenden Krisen, die das Land erschüttern. Insgesamt 13,76 Mio. Menschen mussten fliehen bzw. wurden aus ihrer Heimat vertrieben. Neun von zehn Syrer*innen leben unterhalb der Armutsgrenze, 12 Mio. Menschen leiden an Hunger, 550.000 Kinder sind chronisch unterernährt. Knapp: „Die Situation war bereits vor den Erdbeben dramatisch: Über 15,3 Mio. Menschen waren auf humanitäre Hilfe angewiesen. Und besonders betroffen sind Kinder. 2,4 Mio. Kinder konnten im Jahr 2021 nicht zur Schule gehen, die Dunkelziffer liegt weit darüber. Viele Kinder kennen Syrien ihr ganzes Leben lang nur im Krisenzustand!“

Erdbeben als Krise in der Krise – Caritas hilft seit über 30 Jahren in Syrien und Nachbarländer

Das Erdbeben, das sich vor über einem Monat an der türkischen Grenze zu Syrien ereignete, verschärft die Situation nochmals enorm. 6.000 Syrer*innen sind ums Leben gekommen, Zehntausende sind verletzt. Insgesamt sind 8,8 Mio. Menschen in Syrien von den Folgen des Erdbebens betroffen. Knapp: „Wenn es in so einer Situation so etwas wie eine gute Nachricht gibt, dann ist es die, dass Hilfe möglich ist und die Hilfe wirkt. Dank der großen Solidarität der Österreicher*innen – auch im Rahmen von NACHBAR IN NOT – konnten Hilfsorganisationen wie die Caritas sofort mit Nothilfe aktiv werden. Auch die langfristigen Partnerschaften vor Ort ermöglichten es uns, mittlerweile rund 20 Notunterkünfte für Menschen, die ihr Zuhause verloren haben, zu organisieren und mit dem Notwendigsten auszustatten.“ Über die Caritas Syrien und die Partnerorganisation GOPA - DERD konnten durch die Unterstützung der Caritas Österreich mehr als 90.000 Menschen in Aleppo, Latakia und Hama mit Matratzen, Decken, Kleidung, Lebensmitteln, Hygienepaketen und medizinischen Artikeln versorgt werden.

Um noch rascher und effizienter helfen zu können, fordert Knapp, „dass die Ankündigungen der Lockerungen von Sanktionen unmittelbar umgesetzt werden. Die Sanktionen auf die Einfuhr gewisser Hilfsgüter und, dass bisher etwa keine Geldüberweisungen nach Syrien möglich waren, erschwert die Hilfe enorm.“ Wichtig ist dies auch für die längerfristige Hilfe, so Knapp: „Unsere Hilfe ist immer auf zwei Säulen aufgebaut: Der akuten Nothilfe und der Schaffung von Perspektiven. Dazu gehört etwa, dass wir allein im Jahr 2022 mehr als 3.000 Kinder und Jugendliche in Syrien dabei unterstützt haben, ihr Recht auf Bildung wahrnehmen zu können.“ Diese längerfristige Hilfe in Syrien wird auch aufgrund des Erdbebens nun weiter ausgebaut. Kürzlich startete etwa ein innovatives und nachhaltiges Ernährungssicherheits-Projekt mit dem Titel KAMEH, mit dem Landwirt*innen in Hama, Latakia und Tartus unterstützt werden. Mit Maßnahmen für konservierende und klimagerechte Landwirtschaft trägt das Projekt dazu bei, die Widerstandsfähigkeit gefährdeter ländlicher Gemeinschaften zu stärken, die von der lang anhaltenden Krise, der Ernährungsunsicherheit und der Klimakatastrophe betroffen sind. Das Projekt wird von der EU (EuropeAid/ DEVCO) finanziert und unterstützt ab März mehr als 7.100 Personen. „Die Syrien-Krise verlangt uns bereits bisher einen enorm langen Atem ab. Wir werden aber weiterhin alles dafür tun, um die Hilfe auszubauen und den Menschen Perspektiven zu geben“, so Knapp.

Landau appelliert für weiteren Ausbau der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe

Angesichts der Erdbeben-Katastrophe, die den Bedarf an humanitärer Hilfe in Syrien enorm vergrößert, appelliert Landau auch an die österreichische Bundesregierung, Hilfsanstrengungen weiter auszubauen: „Dass die Bundesregierung sehr rasch humanitäre Hilfe und Unterstützung im Katastrophengebiet zugesagt hat, erkennen wir ebenso an, wie die Erhöhung der Gelder für Entwicklungszusammenarbeit für 2023. Angesichts des enormen Bedarfes an humanitärer Hilfe – weltweit sind 339 Mio. Menschen, so viele wie noch nie, auf humanitäre Hilfe angewiesen – muss Österreich diese Richtung konsequent weiterverfolgen.“ Trotz der Erhöhung hat Österreich das Ziel, 0,7% des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe aufzuwenden, noch lange nicht erreicht Zudem fordert die Caritas seit Jahren die Planbarkeit der finanziellen Mittel für Humanitäre Hilfe. Landau: „Entwicklungspolitik muss in Zeiten multipler Krisen noch größere Anerkennung finden. Nur mit planbaren Mitteln kann schnell und effizient gehandelt werden. Diese Hilfe rettet Leben: Sie macht satt, gibt ein Dach über dem Kopf und ermöglicht Perspektiven. Zugleich investieren wir damit auch in die Stabilität und Sicherheit in Österreich“.

Spenden für vom Erdbeben betroffene Menschen in Syrien und der Türkei

Caritas Österreich
Erste Bank: IBAN AT23 2011 1000 0123 4560
BIC GIBAATWWXXX
Kennwort: Erdbeben Syrien und Türkei

www.caritas.at/erdbeben-syrien-tuerkei

Mehr Infos zur Arbeit der Caritas in Syrien: www.caritas.at/syrien 

Helfen Sie Betroffenen des Erdbebens mit Ihrer Spende!