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Caritas fordert armutsfestes Sozialnetz – Studie berechnet Effekte einer höheren Ausgleichszulage

Die Not in Österreich nimmt zu, das zeigen die Daten, das sieht die Caritas in ihren Einrichtungen in ganz Österreich Tag für Tag. Die massive Teuerungswelle verschärft die Situation von armutsbetroffenen und armutsgefährdeten Frauen, Männern und Kindern dramatisch.
Eine SORA-Befragung von 400 Caritas-Klient*innen in Wien und NÖ, die stellvertretend für 201.000 besonders armutsbetroffene Menschen in ganz Ö stehen, hat erst kürzlich gezeigt: Knapp 70 Prozent der Hilfesuchenden hätten nie gedacht, je auf Unterstützung angewiesen zu sein. Und mehr als die Hälfte der Befragten ist davon überzeugt, dass sie langfristig Hilfe braucht.

„Die Bundesregierung hat in den letzten Monaten und Jahren viele Maßnahmen und Milliarden-Pakete gegen die Teuerungswelle und schon davor gegen die Auswirkungen der Corona-Pandemie gesetzt. Ohne diese Hilfen wäre die Armut in Österreich noch mehr angewachsen. Das zeigt, dass das Sozialsystem in Österreich zwar hilft, aber die Leistungen reichen nicht mehr aus, um Menschen aus der Armutsspirale zu retten. Unser Sozialsystem hat Risse bekommen und ist nicht mehr das sichere, letzte Auffangnetz für Menschen in Not. Eine strukturelle Reform hin zu einem armutsfesten Sozialnetz ist dringend notwendig.“ stellt Anna Parr, Generalsekretärin der Caritas Österreich, fest.

Reform für ein armutsfestes Sozialnetz

Mehrere Reformen sind für ein armutsfestes Sozialnetz nötig und möglich. Eine besonders einfache und schnell umzusetzende und besonders treffsichere Maßnahme darunter ist die Anhebung der Ausgleichszulage. Um diese Maßnahme wissenschaftlich zu untermauern hat die Caritas beim Europäischen Zentrum für Sozialpolitik und Forschung Kosten und Nutzen einer Anhebung der Ausgleichszulage berechnen lassen.

Die Ausgleichszulage ist der Mindeststandard im österreichischen Sozialsystem. Viele wichtige Sozialleistungen wie Mindestpension, Arbeitslosengeld und Notstandshilfe beziehen sich in ihrer Höhe darauf. Aktuell liegt die Ausgleichszulage bei 1110,26 Euro und damit weit unter der Armutsgefährdungsschwelle von 1392 Euro in Österreich.

Rauf mit der Ausgleichszulage!

„Die Ausgleichszulage ist ein wichtiger Hebel gegen Armut in Österreich. Heben wir die Ausgleichszulage auf Höhe der Armutsgefährdungsschwelle an, holen wir viele Menschen aus der Armutsspirale und führen sie zumindest an die Armutsgefährdungsschwelle heran. Die Studie zeigt klar: Mit dieser einzelnen Maßnahme könnte schnell, nachhaltig und treffsicher Armut um ein Drittel reduziert werden. Damit kann zielgerichtet jenen Menschen geholfen werden, die es am dringendsten brauchen. Und damit käme auch die Bundesregierung ihrem Ziel, Armut zu halbieren, einen großen Schritt näher.“

Die Studie geht konkret von 280 Euro pro Monat aus, die nötig sind, um die Ausgleichszulage auf Höhe der Armutsgefährdungsschwelle zu bringen. Davon profitieren würden 1,1 Millionen Menschen, ganz besonders Frauen (49%), aber auch Kinder (14%) und Männer (37%).

„Die Bundesregierung hat es in der Hand, ihrem Ziel der Halbierung von Armut näher zu kommen. Daher: Rauf mit der Ausgleichszulage! Rauf mit diesem Mindeststandard unseres Sozialsystems um 280 Euro pro Monat auf die Armutsgefährdungsschwelle. Diese Reform könnte 1,1 Millionen Frauen, Männern und Kindern wieder eine Perspektive geben und die Ungleichheit in unserer Gesellschaft zwischen Mann und Frau ebenso wie zwischen Arm und Reich eindämmen. 1,1 Millionen Menschen sind es wert, in diesen Dialog zu treten.“, appelliert Parr.
Die Mehrkosten für diese Reform belaufen sich, laut Studie, auf 2,3 Milliarden Euro jährlich, also 1,7% der gesamten Sozialausgaben.

„Den (zusätzlichen) Kosten einer Erhöhung der Ausgleichszulage sind letztlich auch die volkswirtschaftlichen Kosten von Armut und Benachteiligung gegenüberzustellen. Personen im Pensionsalter können ihr Einkommen auch kaum mehr beeinflussen. Empirische Studien (Pickett/Wilkinson; OECD) kommen zu dem Ergebnis, dass eine verringerte soziale Ungleichheit nicht nur für die Gesellschaft als Ganzes und jedes ihrer Mitglieder von Vorteil ist, sondern auch für Wirtschaft und Umwelt. Armutsbekämpfung und Umverteilung stellen sich somit als gesamtgesellschaftlicher Nutzen dar“, so die Studienautoren Michael Fuchs und Felix Wohlgemuth, Europäisches Zentrum für Sozialpolitik und Forschung.

Zum Nachlesen / Download

Ausgleichszulage - was ist das?

Wir erklären es euch! Hier Teil 1.

Was ist die Ausgleichszulage und warum ist sie als Größe in unserem Sozialsystem für so viele armutsbetroffene oder armutsgefährdete Menschen so wichtig?

Das erklären wir im Video.

Ausgleichszulage - was ist das?

Wir erklären es euch! Hier Teil 2.

Rauf mit der #Ausgleichszulage! Rauf mit diesem Mindeststandard unseres Sozialsystems um 280 Euro monatlich.

So könnten wir 1,1 Millionen Menschen einfach, schnell und nachhaltig helfen.

Wie genau, erklären wir im Video!