Caritas zum Tag der Arbeitslosen: Zuspitzung am Arbeitsmarkt verschärft auch Armutssituation

Parr: „Wenn sich Bundesregierung bei Arbeitsmarktreform schon nicht einigen kann, braucht es zumindest rasch eine Wertanpassung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe“

Erst kürzlich zeigte sich AMS-Chef Kopf ob der besonders schlechten Entwicklung am Arbeitsmarkt besorgt. Fast 36.000 Personen bzw. rund elf Prozent mehr als am Vergleichstag im Vorjahr waren Ende März beim AMS als arbeitslos oder in Schulung vorgemerkt. Insgesamt sind 369.640 Personen beim AMS gemeldet, an eine rasche Erholung glaubt auch der AMS-Chef nicht. Anna Parr, Generalsekretärin der Caritas Österreich, weist angesichts des bevorstehenden Tages der Arbeitslosigkeit auf die unmittelbaren Auswirkungen dieser Entwicklungen auf die Armut in Österreich hin: „Wer seine Arbeit verliert, muss von einem auf den anderen Tag oft mit etwa der Hälfte seines Einkommens auskommen. In Zeiten der Teuerungen bedeutet das für immer mehr Jobsuchende ein Leben unter der Armutsgrenze.“

Immer mehr Langzeitarbeitslose von Armut betroffen

Besonders dramatisch ist die Situation für Langzeitarbeitslose, deren Zahl um 6,4 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen ist. Insgesamt ist jeder vierte Jobsuchende bzw. jede vierte Jobsuchende langzeitbeschäftigungslos. Das geht nicht nur mit psychischen Belastungen, Einsamkeit oder Scham einher, auch Armut wird für viele von ihnen zur Realität. Denn je länger Menschen ohne Arbeit sind, umso höher ist auch die Armutsgefährdung: „56 % der ganzjährig arbeitslosen Menschen sind armutsgefährdet. 28 % gelten laut neuesten Zahlen als sozial und materiell erheblich depriviert, im Jahr zuvor waren es noch 16 %. Diese Menschen sind unmittelbar von Armut betroffen, können Grundbedürfnisse nicht mehr decken. Das sind dramatische Entwicklungen, vor denen die Politik die Augen nicht verschließen darf“, betont Anna Parr.

Von Teuerung am stärksten betroffene Personengruppe

Doch damit nicht genug: Aus unseren Sozialberatungsstellen bzw. aus Zahlen der Statistik Austria wissen wir zudem, dass Arbeitssuchende eine von der Teuerung am stärksten betroffene Personengruppe ist. Während die Bundesregierung viele Sozialleistungen erstmalig wertgesichert und damit einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen Armut leistet, gilt das für das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe nicht. Trotz mehrfachen Versprechens einer Arbeitsmarktreform scheiterten die Verhandlungen an den unterschiedlichen Vorstellungen der Regierungsparteien. „Statt einer notwendigen Erhöhung des Arbeitslosengelds und der Notstandshilfe erleben die überproportional von Armut betroffenen Jobsuchenden Jahr für Jahr einen Wertverlust durch die hohe Inflation“, betont Parr. Das Momentum Institut hat den Wertverlust für das Jahr 2022 exemplarisch berechnet und einen Verlust von bis zu 16 % errechnet.

Anhebung des Arbeitslosengelds und der Notstandhilfe als ein Baustein einer notwendigen sozialen Strukturreform

„Es kommt nicht von ungefähr, dass erst die letzte Woche veröffentlichten EU-SILC-Zahlen einen deutlichen Anstieg der absoluten Armut zeigen. Wir können dem nur begegnen, indem wir strukturelle Reformen im Sozialbereich endlich angehen. Neben der Reform der Sozialhilfe, der Erhöhung der Ausgleichzulage, wäre beim Arbeitslosengeld die Erhöhung der Nettoersatzquote und eine Valorisierung der Notstandshilfe ein wichtiger Baustein im Kampf gegen Armut“, zeigt Parr einmal mehr, dass die Lösungen am Tisch liegen. „Wir wissen, dass wir in einer Rezession sind und die wirtschaftliche Lage noch länger angespannt bleiben wird. Es wird also nicht leicht, Jobs zu finden. Damit dennoch möglichst viele Menschen schnell wieder Beschäftigung finden, sollte das AMS gestärkt und besser ausgestattet werden. Findet man aber in einer angespannten wirtschaftlichen Lage keinen Job, darf dies nicht automatisch in die Armut führen. Genau aus diesem Grund müssen wir eben auch bei Arbeitslosengeld und Notstandshilfe nachbessern. Niemand in diesem Land kann noch mehr Armut in diesem Land wollen und daher gilt es besser heute als morgen aktiv zu werden und Reformen in die Wege zu leiten“, unterstreicht Parr.