Caritas: Beispiellose humanitäre Krise und Missachtung des humanitären Völkerrechts in Gaza

A. Bodmann: „Unsere Forderung nach Einhaltung des humanitären Völkerrechts und Wiederherstellung der Waffenruhe bleibt aufrecht – die Lage im Gazastreifen ist dramatisch.“

Nach dem Ende der Waffenruhe im Gazastreifen und fortgesetzten Operationen durch das israelische Militär erneuert Alexander Bodmann, Vizepräsident der Caritas Österreich, seine Forderung nach sofortiger Wiederherstellung der Waffenruhe und der Freilassung aller Geiseln im Gazastreifen. „Die Welt schaut zu, wie im Gazastreifen das humanitäre Völkerrecht mit Füßen getreten wird, wir sehen hier eine völlige Missachtung der humanitären Grundprinzipien. Kinder werden getötet, humanitäre Helfer*innen werden getötet, Krankentransporte und Spitäler angegriffen, Hilfslieferungen werden nicht in das Gebiet hineingelassen, die Zivilbevölkerung hungert. Das ist absolut nicht hinnehmbar und muss sofort aufhören!“

Jedes getötete Kind ist ein Kind zu viel 

Alexander Bodmann: „Allein nach dem Zusammenbruch der Waffenruhe und der Wiederaufnahme der Bombardierungen und Bodenoperationen durch das israelische Militär wurden pro Tag durchschnittlich 100 Kinder getötet oder verstümmelt. Das sind Kinder, die von ihren Wohnorten vertrieben wurden und Zuflucht in Notunterkünften gesucht haben. Wir sprechen hier von insgesamt 1.000 Kindern, die nur seit dem Bruch der Waffenruhe vor einer Woche ums Leben gekommen sind oder verletzt wurden. Eine einzige Woche!“ Im gesamten Zeitraum des Konflikts, also nach fast 18 Monaten Krieg zwischen der Terrororganisation Hamas und der israelischen Regierung, wurden Berichten zufolge mehr als 15.000 Kinder getötet und über 34.000 verletzt. Fast eine Million Kinder wurden wiederholt vertrieben und ihres Rechts auf Grundversorgung beraubt. „Das sind Zahlen, die einen ohnmächtig zurücklassen. Jedes tote Kind ist ein Kind zu viel, und zwar ganz egal in welchem Krieg auf dieser Welt.“

Die Waffenruhe im Gazastreifen sei für die Menschen und insbesondere für die Kinder eine dringend benötigte Pause zum Durchatmen gewesen. Die Wiederaufnahme der Waffenruhe könne ein Ausgangspunkt für dauerhafte Friedensbemühungen sein, erklärt der Vizepräsident. „Wir hoffen, dass die vereinbarte Waffenruhe wiederaufgenommen wird, die Feindseligkeiten beendet werden. Wir können unsere Forderung nach Einhaltung des humanitären Völkerrechts nur wiederholen: Humanitäre Hilfe muss ungehindert in den Gazastreifen gelangen, humanitäre Helfer*innen und Kinder sowie Zivilbevölkerung müssen von beiden Konfliktparteien geschützt werden, ausnahmslos alle Geiseln müssen freigelassen werden.“

Humanitäre Helfer*innen als Zielscheibe

Seit Beginn dieses Jahres gab es 64 Attacken auf humanitäre Helfende, 22 Angriffe erfolgten allein in den besetzten palästinensischen Gebieten. 42 Humanitäre Helfer*innen wurden dort also seit Beginn des Jahres getötet. Alexander Bodmann: „Der jüngste Zwischenfall, bei dem 15 Rettungskräfte im Gazastreifen getötet wurden, spricht Bände. Wie kann es sein, dass humanitäre Helfer*innen im Einsatz für andere Menschen getötet werden? Wo bleibt hier das humanitäre Völkerrecht, das den Schutz von Helfenden garantiert? Ein weiteres Beispiel völlig inakzeptabler Vorfälle, das internationale Proteste und Handlungen nach sich ziehen sollte.“

Katastrophale Versorgungslage

Da die israelische Regierung seit mehr als einem Monat keine lebenswichtigen humanitären Hilfsgüter mehr in den abgeriegelten Gazastreifen lässt, verschlechtert sich die Situation der Zivilbevölkerung wieder drastisch. „Humanitäre Hilfe darf nicht als Mittel im Krieg eingesetzt werden“, erklärt Alexander Bodmann. „Unsere Partner*innen vor Ort berichten uns, dass die Hilfsgüter fast aufgebraucht sind, die Preise für Nahrungsmittel wieder steigen und die Trinkwasserproduktion besorgniserregend niedrig ist, weil die Stromzufuhr zur Entsalzungslange gekappt wurde.“ Die während der Waffenruhe erreichten Fortschritte seien wieder zunichte gemacht worden, so Bodmann, und rund 91 Prozent der Bevölkerung sei von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen. „Unsere lokalen Partnerorganisationen verteilen die verbleibenden Vorräte und können zusätzliche humanitäre Hilfe liefern, sobald die Grenzübergänge wieder geöffnet sind.“

So hilft die Caritas

Die Caritas Österreich unterstützt durch Caritas Jerusalem und CRS (Catholic Relief Services) mit einem Gesamtbeitrag von 320.000 Euro bei den laufenden Aktivitäten in Gaza. Unsere Partner unterstützen in Form von Bargeldhilfe, Hilfsgütern, medizinischer Versorgung, Materialien für Unterkünfte und Winterausrüstung wie Decken, Matratzen, Zelte, Planen. Mit der Bargeldhilfe werden 179.214 Personen erreicht. Auch Hilfe durch Notunterkünfte für intern vertriebene Personen, Nahrungsmittel und Hygieneartikel wird geleistet. Ein wichtiger Bestandteil ist auch die psychosoziale Unterstützung. 

Caritas-Spendenkonto:

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Kennwort: Nahost-Konflikt
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