Stopp dem Stillstand!

Sieben Jahre nachdem Österreich UN-Behindertenrechtskonvention unterzeichnet hat, tritt die österreichische Behindertenpolitik auf der Stelle. Die Caritas fordert mehr politischen Einsatz für Inklusion und Investitionen für eine zeitgemäße Unterstützung von Menschen mit Behinderungen.

Die anfängliche Aufbruchsstimmung nach der Unterzeichnung der UN-Konvention weicht zunehmend der Ernüchterung. Im Rahmen der der Sanierung der Landesbudgets kommt es seit einigen Jahren vermehrt zu Einsparungen und Verschlechterungen im Bereich der Leistungen für Menschen mit Behinderungen: 

 

Zwei Beispiele für Einsparungen

In der Steiermark  kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Budgetkürzungen im Behindertenbereich. Erst im vergangenen Jahr wurden Lohnkostenzuschüsse des Landes  für die Integration von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt ersatzlos gestrichen. Nun gibt es auch noch Verschlechterungen beim barrierefreien Wohnbau: So ist ein Lifteinbau in vielen Fällen nur mehr ab dem 4. Stock nötig. Statt 100 Prozent aller Neubauten müssen künftig nur mehr 25 Prozent anpassbar, d.h. im Bedarfsfall leicht  und kostengünstig barrierefrei umbaubar, gestaltet werden.

Auch in Oberösterreich gibt es Sparmaßnahmen: Zwar konnten geplante Einsparungen von 25 Millionen Euro auf 17 Millionen reduziert werden, gleichzeitig warten in Oberösterreich aber hunderte Menschen mit Behinderungen auf einen Wohn- oder Beschäftigungsplatz oder auf mobile Unterstützung.
Im Jahr 2014 wurde der Zugang zu den Pflegestufen 1 und 2 verschärft.

 

Kein Plan zur Deinstitutionalisierung

Mit der Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention hat sich Österreich dazu verpflichtet, Menschen mit Behinderungen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen und allen Menschen – unabhängig von Art und Schwere ihrer Behinderung – gemeindenahe, mobile Unterstützungsleistungen anzubieten. Von diesem Ziel ist Österreich heute weit entfernt: Rund 13.000 Menschen mit Behinderungen leben in Österreich in Wohn- und Pflegeeinrichtungen. Unterstützungsleistungen sind hier oft an eine bestimmte Wohnform gekoppelt, wodurch insbesondere Menschen mit Lernschwierigkeiten kaum die Möglichkeit haben, ihre Wohnform auszuwählen.

Jene Unterstützungsleistung, die das Ziel der Selbstbestimmung und Autonomie weitestgehend verwirklicht, ist die persönliche Assistenz. Im Rahmen der persönlichen Assistenz können Menschen mit Behinderung selbst entscheiden, welche Person, in welchem Zeitraum, an welchem Ort, welche Art der Unterstützung leistet. 

Bisher wird in Österreich persönliche Assistenz nur in einigen Bundesländern und in limitiertem Umfang angeboten. Menschen mit Lernschwierigkeiten sind meist gänzlich von dieser Leistung ausgeschlossen. Die UNO hat Österreich deshalb empfohlen ein bundesweit harmonisiertes, umfassendes System zu entwickeln. Das Österreichische Parlament hat im Jahr 2009 einstimmig einen Entschließungsantrag verabschiedet, der die Länder beauftragte, hier gemeinsam mit dem Bund eine Lösung zu finden. Die eingesetzte Arbeitsgruppe brachte bisher keine Ergebnisse zu Stande. 

Der Finanzausgleich legt die finanziellen Rahmenbedingungen für die nächsten Jahr fest. Die Caritas fordert, dass die Mittel für den Wandel von Institutioneller Unterbringung hin zu gemeindenaher Unterstützung sicher gestellt werden. Dazu braucht es auch eine Harmonisierung der Rechtslage zwischen den Bundesländern.