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Warum COVID-19 zeigt, wie wichtig die Integration von MigrantInnen in Europa ist

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Öffentlicher Verkehr, Supermärkte, häusliche Pflege und Gesundheitsdienste – überall dort sind MigrantInnen tätig und halten das Rad am Laufen. Obwohl diese Bereiche schon vor der Pandemie mit einem Fachkräftemangel zu tun hatten, stehen MigrantInnen oft vor Hürden, die ihnen eine Integration im Gastland erschweren.

Eine Studie der Arbeiterkammer (2020) hat gezeigt, dass jede*r dritte Migrant*in unterhalb seines formalen Bildungsniveaus beschäftigt ist. MigrantInnen in ganz Europa sind oft in befristeten Dienstverhältnissen oder haben nicht-standardisierte Dienstverträge, sind oft nur Saisonarbeiter mit niedrigeren Löhnen (Fasani und Mazza, 2020).

Auswirkungen von COVID-19

MigrantInnen gehören somit zu den ersten, auf die sich wirtschaftliche Krisen, wie die der Corona-Pandemie, negativ auswirken. Durch die soziale Arbeit mit MigrantInnen in gefährdeten Situationen erlebt das Caritas-Netzwerk einen Anstieg der Nachfrage nach Nahrungsmittelhilfe und Wohnraum. Wir erleben auch einen Spitzenwert bei der Nachfrage nach Hilfe von Studenten mit Migrationshintergrund, die ihre Teilzeitjobs verloren haben, auf die sie zur Finanzierung ihres täglichen Lebens angewiesen waren. Besonders Studenten mit Migrationshintergrund könnten riskieren, ihre Aufenthaltsgenehmigung zu verlieren und ihr Bleiberecht sowie ihre Ausbildung zu unterbrechen, wenn sie um staatliche Hilfe bitten.

Europa hängt von Migration ab – Solidarität ist jedoch mangelhaft

Europa braucht Migration und hängt von ihr ab, um seine eigene Entwicklung und das Wohlergehen seiner Bürger zu erhalten. Dennoch unternimmt es nur begrenzte Anstrengungen, um MigrantInnen menschenwürdige und stabile Lebensbedingungen, soziale Sicherheit und Zugang zum Arbeitsmarkt zu garantieren. Solche Garantien würden nicht nur eine moralische Richtlinie erfüllen, sondern der gesamten Gesellschaft zugutekommen.

Eine begrenzte Anerkennung und der Mangel an Solidarität spiegeln sich auch in den Verhandlungen auf EU-Ebene wider, beispielsweise im neuen EU-Migrations- und Asylpakt, dem neuen Abkommen zwischen der EU und der Gruppe der afrikanischen, karibischen und pazifischen Länder sowie der neuen EU-Afrika-Partnerschaft. Trotz der essentiellen Rolle, die ArbeitsmigrantInnen bei der Bekämpfung der Pandemie spielen, zeigen die Vorschläge der EU-Seite im Rahmen dieser Verhandlungen nur sehr geringe Fortschritte im Vergleich zu früheren Rahmenwerken und lassen konkrete Schritte zur Erleichterung der regulären Migration vermissen. Stattdessen konzentrieren sich diese Vorschläge überwiegend auf Sicherheitsmaßnahmen und kurzfristige Maßnahmen, die in erster Linie darauf abzielen, die Grenzkontrollen zu verstärken und die Zahl der in Europa ankommenden MigrantInnen zu reduzieren - oft auf Kosten der Menschenrechte der MigrantInnen.  

Dieser anhaltende Mangel an Solidarität zeigt nicht nur, dass wir uns leider von den europäischen Grundwerten entfernen, sondern auch, dass die EU und ihre Mitgliedsstaaten es versäumt haben, ein förderliches Umfeld zu schaffen, das den positiven Beitrag von MigrantInnen in ihren Heimatländern stärken kann. Je mehr MigrantInnen die Möglichkeit haben, sich zu entfalten, desto mehr können ihre Aufnahmeländer und Gemeinschaften von ihren Beiträgen profitieren. Die COVID-19-Krise ist der Moment, um diese dringend benötigte Win-Win-Situation voranzutreiben und nicht zu stoppen.

Caritas Europa fordert Stärkung der sozialen und wirtschaftlichen Integration

Ausgehend von seiner langjährigen Erfahrung als Dienstleister für Menschen in Not, einschließlich MigrantInnen, fordert das Caritas Europa Netzwerk eine Politik, die die soziale und wirtschaftliche Integration von MigrantInnen ermöglicht und stärkt. Wir glauben auch, dass dies allen Menschen und ganzen Gemeinschaften zugutekommen würde.

MigrantInnen sollten Zugang zu Arbeitsplätzen haben, die ihrem formalen Bildungsniveau entsprechen, sollten offizielle Verträge, faire Arbeitsbedingungen und das gleiche Gehalt wie Einheimische in der gleichen Position erhalten.  Ganz allgemein braucht Europa einen auf Rechten basierenden, menschenzentrierten und langfristigen Ansatz gegenüber der Migration. Es braucht einen Fokus auf positiven Aspekte von Migration, der sicherstellt, dass die Fähigkeiten und Beiträge von MigrantInnen öffentlich gewürdigt werden. Politische Entscheidungen und Maßnahmen sollen im Einklang mit den Menschenrechten, den Werten der EU und dem unverzichtbaren Beitrag von Migration abgestimmt sein. MigrantInnen könnten viel mehr beitragen, aber die Herausforderungen behindern nur allzu oft sowohl ihr volles Potenzial als auch ihren Beitrag zur Gesellschaft, die COVID-19 Krise ist eine Chance, das Potenzial zu erkennen und in Zukunft Dinge anders zu machen.

 

 Dieses Statement wurde mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union produziert. Der Inhalt liegt in alleiniger Verantwortung der Caritas Österreich und spiegelt nicht notwendigerweise die Ansichten der Europäischen Union wider.

Das Projekt “MIND – Migration. Interconnectedness. Development” ist ein entwicklungspolitisches Bildungsprojekt, das von der Europäischen Union und der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit gefördert wird. Das Projekt möchte auf die komplexen Zusammenhänge zwischen Migration und nachhaltiger Entwicklung aufmerksam machen und so zu einer positiven Stimmung beitragen. Mehr Informationen finden Sie hier: hier. 

Dieses Projekt wird von der Europäischen Union gefördert.

Dieses Projekt wird von der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit gefördert.