Libanon
Libanon in der Krise: Millionen Menschen brauchen Hilfe
zuletzt aktualisiert: 13.10.2025
Im Herbst 2024 erlebte der Libanon die schwersten Eskalationen seit dem Krieg 2006. Auch wenn der fragile Waffenstillstand eine gewisse Erleichterung bringt, blickt man auf äußerst angespannte Zeiten zurück – nicht nur auf den vergangenen Herbst, sondern auch auf die letzten fünf Jahre. Der aktuelle Konflikt trifft auf eine bereits fragile Situation: Der Libanon befindet sich inmitten einer tiefgreifenden Regierungs-, Wirtschafts- und Finanzkrise, die sich seit Jahren zunehmend verschärft und die kaum Raum für positive Aussichten lässt. Ein großer Teil der Bevölkerung ist schwer belastet und auf humanitärer Hilfe angewiesen.
Die Menschen im Libanon leiden unter einer Wirtschaftskrise historischen Ausmaßes: Hohe Arbeitslosigkeit, Inflation und mangelnder Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen prägen den Alltag. Die politische Instabilität verschärft die Situation zusätzlich. Für viele Familien sind Lebensmittel, Medikamente und Strom unerschwinglich geworden.
So hilft die Caritas:
Die aktuelle Unterstützung fokussiert unter anderem auf
- medizinischer Versorgung und wichtigen Gesundheitsdiensten,
- psychologischer Unterstützung,
- Unterkünften für Familien,
- den Zugang zu Bildung,
- den Schutz und die Unterstützung von Arbeitsmigrant*innen und besonders schutzbedürftigen Menschen im Libanon.
Die wichtigsten Fakten zur Lage im Libanon
- Rund 4,1 Millionen Menschen im Libanon sind auf humanitäre Hilfe angewiesen.
- 44 % der libanesischen Bevölkerung und 9 von 10 syrischen Flüchtlingen leben unter der Armutsgrenze.
- Rund 2,7 Millionen Menschen verfügen nur über eingeschränkten Zugang zu sicherem Wasser und sanitären Einrichtungen.
- Der Libanon zählt zu den weltweit am stärksten von Trinkwasserknappheit betroffenen Ländern, verschärft durch wirtschaftlichen Zusammenbruch, Stromknappheit und marode Infrastruktur.
- Seit Beginn der Krise 2019 hat die libanesische Währung über 98 % ihres Wertes verloren.
- Trotz gesunkener Inflationsrate bleiben die Lebenshaltungskosten unerschwinglich, besonders für Menschen mit Einkommen in der abgewerteten Lira.
- Der Libanon beherbergt laut Regierung rund 1,5 Millionen syrische Flüchtlinge, davon etwa 750.000 beim UNHCR registriert (Stand Ende 2024).
- Etwa ein Drittel der Erwachsenen und fast die Hälfte der jungen Menschen (15–24 Jahre) sind arbeitslos.
- 85 % der Bevölkerung fehlt der Zugang zu notwendigen Medikamenten.
- Die Stromversorgung ist stark eingeschränkt und unzuverlässig: In einigen Regionen gibt es zwar mittlerweile 4 bis 6 Stunden Strom täglich, die meisten Menschen sind auf teure private Generatoren angewiesen.
- Die Bildungskrise ist gravierend: Rund 1,3 Millionen Kinder im schulpflichtigen Alter benötigen Unterstützung, um Zugang zu Bildung zu erhalten.
- Jedes dritte Kind geht nicht zur Schule oder erhält keinen Unterricht.
Unsere Projekte im Libanon
Das Bildungs-Nothilfe Projekt (Theatre and Play-based Emergency and Post-Emergency Response in Lebanon) wurde mit der NGO Seenaryo geplant, um auf die letzten Eskalationen zwischen Israel und der Hisbollah und den damit einhergehenden enormen Fluchtbewegungen innerhalb des Landes zu reagieren. Knapp 500 öffentliche Schulen mussten schließen, wurden beschädigt oder dienten als Notunterkünfte, über 400.000 Schüler*nnen mussten den Unterricht abbrechen. Mit diesem Projekt werden Kinder (vor allem nach ihrer Rückkehr) unterstützt, mit dem Lernen aufzuholen und dabei auf ihre speziellen Bedürfnisse einzugehen. Seenaryo (ein langjähriger Partner von Caritas Österreich) setzt gezielt auf kreative Aktivitäten wie Theater und Spiel, um die Resilienz und das Selbstvertrauen der betroffenen Kinder zu stärken.
Das Projekt setzt partizipatives Theater und Spiel ein, um Kindern in den von heftigen Kriegsauseinandersetzungen betroffenen Regionen Südlibanon, Baalbek und Bekaa dabei zu helfen, ihre Emotionen, Stress und Traumata auszudrücken und zu verarbeiten. Die Verwendung von Theater und Spiel als Methoden oder Werkzeuge bieten für Kinder, die Kriegserfahrungen gemacht haben oder in Konfliktgebieten leben, eine wertvolle psychosoziale Unterstützung. Theaterkurse tragen dazu bei, die seelischen Wunden von Kindern in und nach Konflikten zu lindern und emotionale Stabilität zurückzugewinnen. Weiters bietet das Projekt unterstützende Maßnahmen im Unterricht an, um den Kindern durch altersgerechte und spielerische Methoden das Lernen zu erleichtern. Gleichzeitig werden Lehrkräfte geschult, ihre Schülerinnen und Schüler sowohl im Lernprozess als auch bei der Bewältigung emotionaler und traumatischer Erfahrungen besser zu unterstützen. Insgesamt umfasst das Projekt um die 1000 Begünstigte.
- Projektlaufzeit: 1. September 2025-31. August 2026
- Fördergeber: Caritas Österreich
Das libanesische Gesundheitssystem ist nach Jahren im Krisenmodus schwer beschädigt. Diese Schwachstellen im Schutz- und Gesundheitsbereich beeinträchtigen auch das Wohlergehen gefährdeter Mädchen, Buben, Frauen und Männer sowohl aus der libanesischen Bevölkerung, als auch aus Migrantengruppen und geflüchteten Personen. Daher unterstützt das Projekt PHASE (Protection and health assistance in emergencies for vulnerable girls, boys, women and men in Lebanon) aktuell knapp 5.000 besonders vulnerable Libanes*innen sowie in den Libanon geflüchtete Personen mit Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen. Des Weiteren trägt das Projekt zur Bewältigung von Problemen, die durch den erschwerten Zugang zu Gesundheitsdiensten oder Schutzmaßnahmen, die zu einer psychischen und finanziellen Destabilisierung führen, bei.
- Fördergeber: ADA und Caritas Österreich (Eigenmittel)
- Laufzeit: 01. Dezember 2023 - 30. April 2026
Trotz der vielen Herausforderungen innerhalb des Landes bleibt der Libanon ein Zielland für viele asiatische und afrikanische Arbeitsmigrant*innen, die jedoch hohen Schutzrisiken ausgesetzt sind und leicht Opfer von Zwangsarbeit werden.Das Projekt LEA zielt darauf ab, Zwangsarbeit und Ausbeutung im Libanon zu reduzieren, indem der Schutz und der Zugang zu rechtlichen Schritten für Arbeitsmigranten verbessert werden. LEA richtet sich an staatliche Behörden, Strafverfolgungsbehörden, NGOs und zivilgesellschaftliche Organisationen, um deren Fähigkeiten zur Identifizierung von Opfern von Missbrauch zu stärken und den Zugang zu Justiz und Schutzmechanismen zu verbessern. Insgesamt 7.500 Arbeitsmigrant*innen werden über das Projekt LEA erreicht und mit direkten Hilfsleistungen, Sensibilisierung und rechtlichem Beistand im Libanon unterstützt.
- Fördergeber: EuropeAid, ADA und Caritas Österreich (Eigenmittel)
- Projektlaufzeit: 1. Jänner 2024-31. Dezember 2026
Ältere Menschen im Libanon gehören zu den am stärksten von der anhaltenden Krise betroffenen Gruppen. Der wirtschaftliche Zusammenbruch, die Eskalation von Gewalt und die massive Binnenflucht verschärfen ihre Isolation und den Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen. Das Projekt SHARE verbessert gezielt den Zugang zu Gesundheitsversorgung und psychosozialer Unterstützung für ältere Menschen (>60 Jahre) in der Region Akkar, einem der ärmsten und am wenigsten entwickelten Gebiete des Landes. Durch mobile Gesundheitsdienste und psychosoziale Betreuung werden 400 besonders gefährdete ältere Personen erreicht. Gemeinschaftliche Aktivitäten fördern zudem den sozialen Zusammenhalt und wirken Isolation sowie Vernachlässigung entgegen. Das Projekt leistet einen wichtigen Beitrag zur Linderung akuter Bedürfnisse und ermöglicht ein würdevolleres Leben inmitten der Krise.
- Fördergeber: Nachbar in Not, Caritas Wien, Caritas Österreich
- Projektlaufzeit: 1. Jänner 2025-31. Dezember 2025
Dieses Projekt zielt darauf ab, den unmittelbaren psychischen Gesundheitsbedarf von krisenbetroffenen Bevölkerungsgruppen – darunter Geflüchtete, Migrant:innen, Libanes:innen sowie humanitäre Helfer:innen – zu adressieren, indem psychosoziale Unterstützungsangebote (Mental Health and Psychosocial Support, MHPSS) bereitgestellt werden. Diese sollen die psychologischen Auswirkungen der anhaltenden Krise lindern und die langfristige Resilienz stärken. Die Umsetzung erfolgt über zwei Primärgesundheitszentren (Primary Health Care Centres, PHCCs) in Sour/Tyr und Bazourieh sowie über mehrere Amel-Zentren im Süden, in Beirut und Mount Lebanon. Das erste Ziel besteht darin, das psychische und psychosoziale Wohlbefinden von 437 krisenbetroffenen Personen im Süden des Libanon zu verbessern – durch spezialisierte Gesundheitsdienste wie Psychotherapie und psychiatrische Konsultationen. Das zweite Ziel ist es, das Wohlbefinden und die Resilienz von 120 humanitären Helfer:innen in Beirut, dem Libanonberg und dem Süden zu stärken – durch gezielte psychosoziale Unterstützungsmaßnahmen wie PSS-Sitzungen (psychosoziale Unterstützung) und spezifische Psychotherapie.
- Fördergeber: Nachbar in Not, Caritas Österreich
- Projektlaufzeit: 1. Juni 2025 – 31. Mai 2026
Dieses Bildungsprojekt wird zusammen mit der Caritas Libanon umgesetzt. Es ermöglicht schutzbedürftigen Kindern Zugang zu qualitativ hochwertigen Bildungsangeboten. Die Kinder werden außerdem durch psychosoziale Maßnahmen unterstützt, um die Folgen von Krieg und Vertreibung bestmöglich bewältigen zu können. Lehrkräfte werden gezielt weitergebildet, um gefährdeten Kindern Schulinhalte lernzentriert und unter Berücksichtigung ihrer besonderen Bedürfnisse vermitteln zu können. Eltern und Erziehungsberechtigte der Kinder werden durch spezielle Angebote in das Programm miteinbezogen. Die Partnerschulen profitieren zudem von einer Verbesserung der schulischen Infrastruktur, die allen SchülerInnen zugutekommt. Das Bildungsprogramm RHEP IV (Regional Holistic Education Programm) unterstützt im Libanon knapp 365 Kinder und Lehrkräfte.
- Fördergeber Schuljahr 2025/2026: Caritas Österreich
Das Bildungsprogramm umfasst dieses Schuljahr im Libanon 3 Schulen der Caritas Libanon, die sich auf Kinder mit verschiedenen Formen von Behinderungen spezialisiert haben. Dabei werden vielfältige Komponenten und Aktivitäten für die verschiedenen Altersgruppen zwischen Kindergartenalter und 18 Jahren angeboten, mit dem Ziel, sie für ein Leben in der Gesellschaft vorzubereiten.
Kinderschutz
Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Missbrauch, Gewalt, Ausbeutung und Vernachlässigung hat in unserer Arbeit oberste Priorität. Mithilfe von Child Safeguarding, dem institutionellen Kinderschutz, gewährleisten wir, dass Kinder innerhalb unserer eigenen Organisation geschützt und in Sicherheit sind.