Drei Männer (ein Afrikaner, ein Asiate und ein Süd-Amerikaner) sitzen an einem Tisch nebeneinander uns schauen in die Kamera.

Zeltstädte sind keine Option, sondern ein Armutszeugnis

"Zeltstädte für Flüchtlinge in Österreich? Bomben auf Flüchtlingsboote im Mittelmeer? Die Europäische Union mag Trägerin des Friedensnobelpreises sein, doch die aktuelle Asyldiskussion in Europa und in Österreich zeigt: Die EU und ihre Mitgliedsstaaten verdienen diesen Preis nicht", sagt Klaus Schwertner, Generalsekretär der Caritas der Erzdiözese Wien in einer ersten Stellungnahme, nachdem die Pläne des Innenministeriums, Zeltstädte für Flüchtlinge in einzelnen Bundesländern errichten zu wollen, publik geworden sind. "Die verantwortlichen PolitikerInnen täten gut daran, in der gegenwärtigen Situation besonnen und menschlich zu agieren. Angesichts von 300 schutzsuchenden Menschen den Notstand auszurufen, ist zynisch und entbehrt jeglicher Grundlage", so Schwertner, der sich bei dieser Gelegenheit einmal mehr bei all jenen BürgermeisterInnen bedankt, die in den vergangenen Monaten schutzsuchende Menschen in ihren Gemeinden beherbergt haben. "Es geht hier um Menschen, nicht um Zahlen. 300 Flüchtlinge müssen in Österreich leicht eine andere Unterbringung als in Zelten finden. Speziell bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, Kindern und Jugendlichen gibt es dringend Handlungsbedarf. Die Caritas fordert hier einmal mehr gleiche Betreuung, gleiche Rechte und gleiche Tagsätze für alle Kinder in Österreich."

Die Fakten:

Mehr als 51 Millionen Menschen sind derzeit weltweit auf der Flucht - so viele wie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr, aber nur 1,14 Prozent haben im Vorjahr in der EU einen Asylantrag gestellt. Neun von zehn Flüchtlingen finden in Entwicklungsländern Zuflucht. In Österreich gab es im Vorjahr 28.000 Asylanträge, bis zu 50.000 Asylanträge werden laut Innenministerium für heuer erwartet. Schwertner dazu: "Der Bürgerkrieg in Syrien, die kriegerischen Konflikte in Afghanistan, Terror und Verfolgung in mehreren afrikanischen Staaten sind die Hauptgründe, dass Frauen, Männer und ihre Kinder flüchten und dabei sogar bereit sind, ihr eigenes Leben zu riskieren. Österreich hat in den 1990er Jahren während des Jugoslawienkriegs 90.000 Menschen kurzfristig aufgenommen und kein einziges Zelt musste aufgestellt werden. Als Caritas appellieren wir im Umgang mit schutzsuchenden, zum Teil schwer traumatisierten Menschen und deren Versorgung in der Grundversorgung an die Verantwortlichen in Bund und Ländern zur Besonnenheit und Sachlichkeit. Zeltstädte in Österreich sind keine Option, sondern allenfalls ein Armutszeugnis für die handelnden PolitikerInnen. Vor allem aber sind solche Zeltstädte auch nicht erforderlich, sondern dienen allein einem politischen Muskelspiel am Rücken von Flüchtlingen. Für die Grundversorgung gibt es eine klare Zuständigkeit im Innenministerium, aber dort versucht man erneut die Verantwortung auf andere abzuschieben", so Schwertner. "Mehr als 42.000 ÖsterreicherInnen haben in den vergangenen drei Wochen die Petition www.gegen-unrecht.at unterzeichnet. Das sind 42.000, die sich für eine menschlichere Asylpolitik aussprechen - in Europa, aber auch in Österreich."

"Der Schrei der Anderen geht uns alle an!"

Abschließend erinnert Schwertner an die Worte von Papst Franziskus bei seinem Besuch auf der Flüchtlingsinsel Lampedusa bereits 2013. "Der Papst machte deutlich, dass wir unsere Augen vor dieser Flüchtlingsnot nicht verschließen dürfen. Es geht darum hellhörig für die Not der Menschen zu bleiben. Papst Franziskus hat uns eindringlich vor einer Globalisierung der Gleichgültigkeit gewarnt. Der Schrei der Anderen geht uns alle an!"

Die Caritas wird auch weiterhin alles unternehmen, um die Not von Menschen zu lindern und Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Egal, ob aktuell nach dem Erbeben in Nepal, an vielen anderen Orten weltweit oder in der stillen alltäglichen Arbeit in Österreich - in den Obdachloseneinrichtungen wie der Gruft ist, in den Mutter-Kind Häusern, in den Sozialberatungsstellen oder in Flüchtlingshäusern. "Wir sind bereit zu helfen. Das galt in den vergangenen Monaten und es gilt auch heute", so Schwertner. Seit letztem Sommer hat die Caritas, in vielen Fällen gemeinsam mit Pfarren und Klöstern zusätzliche Flüchtlingsquartiere aufgemacht.

Betreuung mobil und im Quartier

Die Caritas betreut und versorgt österreichweit aktuell 3.500 Menschen im Rahmen der Grundversorgung. Fast 8.580 Menschen, die nicht in einem Caritas-Quartier untergebracht sind, werden mobil von Caritas-MitarbeiterInnen betreut. Das sind in beiden Betreuungsformen über 3.400 mehr Menschen als noch im Sommer des Vorjahres.

www.gegen-unrecht.at