Schulstart: Caritas fordert zu Schutzkonzepten auch soziale Konzepte

Michael Landau, Präsident der Caritas Österreich, begrüßt die am Mittwoch von der Bundesregierung präsentierten Schutzkonzepte für den Schulstart: „Das letzte Schuljahr und darüber hinaus war für viele Familien mit Schulkindern eine Mammutaufgabe und vielfach mit extremen Belastungen verbunden. Jetzt muss es vor allem darum gehen, einen sicheren Start und Betrieb der Schulen zu ermöglichen und, soweit es das Infektionsgeschehen zulässt, im Präsenzunterricht zu bleiben.“ Mit Gesundheitsmaßnahmen und Präsenzunterricht allein seien die Herausforderungen, mit denen Kinder und Jugendliche zu kämpfen haben, aber nicht gelöst. Es gelte jetzt unbedingt auch dort hinzusehen, wo die Schüler*innen durch die Pandemie massive Nachteile erlitten haben.

Starke Nachfrage nach Caritas Lerncafés
In den 56 Caritas Lerncafés, in denen mehr als 2.000 Schüler*innen mit kostenloser Nachhilfe unterstützt und darüber hinaus begleitet werden, wurden auch während der Sommerferien Programme angeboten. Landau: „In diesem Sommer haben mehr Kinder als üblich Lernunterstützung benötigt, um einem Bildungslockdown zu entgehen.“ Auch insgesamt ist der Bedarf an Lernunterstützung stark gestiegen - laut AK-Studie um 10 Prozent. Doch die Schulschließungen hätten nicht nur einen massiven Rückschlag im Lernfortschritt armutsbetroffener Schulkinder verursacht: „Die verlorene Tagesstruktur und die Überforderung wirken sich aus: Müdigkeit, Motivationsverlust und Sorge, den schulischen Anforderungen nicht mehr gerecht werden zu können. Und bei allen Vorteilen der Digitalisierung der Schule birgt diese für armutsbetroffene Kinder auch die Gefahr, dass die Bildungsschere noch weiter auseinandergeht.“

Landau für rasche Umsetzung gezielter Maßnahmen für armutsbetroffene Schulkinder
Das Bildungsministerium und das Sozialministerium seien jetzt gefordert, zu den Schutzkonzepten auch soziale Konzepte umzusetzen, so Landau: „Armutsbetroffene Kinder dürfen nicht die Hauptleidtragenden der Pandemie sein. Es muss jetzt auch darum gehen, sie mit gezielten Maßnahmen zu stärken und diese Bildungsnachteile abzubauen.“ Landau appelliert, jetzt vor allem in drei Bereichen rasch aktiv zu werden:

1. Ausbau von kostenlosen Lernbetreuungsangeboten: Für vier von zehn Eltern sind Nachhilfekosten eine starke bis spürbare Belastung, zeigt die AK-Studie ebenfalls. Landau: „Der Schulerfolg darf nicht davon abhängen, ob sich die Eltern Nachhilfe leisten können oder nicht. Es muss für alle Kinder möglich sein, Unterstützung beim Lernen zu bekommen. Daher braucht es dringend den Ausbau von qualitativ hochwertigen, außerschulischen und kostenlosen Lernbetreuungsangeboten.“

2. Ausbau der Schulsozialarbeit und Schulpsychologie: Zahlreiche Studien bestätigen außerdem, dass sich die psychische Gesundheit für Kinder während der Pandemie verschlechtert hat. Landau: „Wir können uns mit diesen Auswirkungen nicht einfach abfinden. Es braucht dringend mehr Schulsozialarbeiter*innen und Schulpsycholog*innen sowie flächendeckende psychotherapeutische Angebote auf Krankenschein.“

3. Förderung der digitalen Kompetenzen von Schüler*innen und Lehrpersonal: Landau begrüßt die Initiative der Bundesregierung „Digitales Lernen“, mit der alle Kinder in 5. und 6. Schulstufen mit einem Notebook oder Tablet ausgestattet werden: „In unseren Lerncafés sehen wir jedoch, dass es auch Unterstützung mit neuen Technologien braucht. So bieten wir in den Lerncafés etwa die Möglichkeit, Hausübungen hochzuladen, in Lernplattformen einzusteigen und sich digitale Skills anzueignen.“ Der Caritas Präsident plädiert für eine Unterstützung und Begleitung, die bereits in der Schule erfolgt: „Dazu braucht es auch ein flächendeckendes Angebot in der Lehrer*innen-Fortbildung.“

Abschließend sagt Landau: „Die vorgeschlagenen Maßnahmen können rasch in die Wege geleitet und umgesetzt werden und sind jetzt jedenfalls gleich wichtig, wie Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen.“ Doch auch langfristig müssen die strukturellen Benachteiligungen im Bildungsbereich beseitigt werden: „Armut und Bildung werden in Österreich vererbt und die Pandemie hat dies verschärft. Diesen Kreislauf müssen wir endgültig stoppen.“ Dafür braucht es ein umfassendes Paket an Maßnahmen etwa in der Bildung: „Wir brauchen einen Pakt für Kinder mit Maßnahmen in der Bildung, in der Gesundheit und Korrekturen etwa bei der Sozialhilfe Neu. Jeder Euro, der jetzt in Kinder investiert wird, verhindert Armut in der Zukunft.“