Caritas zur Kinderkostenstudie: Ganz wichtiger Grundstein im Kampf gegen Kinderarmut

Generalsekretärin Parr: „Die klaffende Lücke zwischen Kinderkosten und Familienleistungen ist dramatisch und ein dringender Handlungsauftrag“

Wiederholt hat die Caritas auf die Wichtigkeit valider Antworten auf die Frage „Was kostet ein Kind?“ hingewiesen. Denn sie sind wesentliche Faktoren für die Höhe von Familienleistungen wie der Familienbeihilfe, von Richtsätzen für Kinder in der Mindestsicherung und auch Unterhaltszahlungen. Anna Parr, Generalsekretärin der Caritas Österreich: „Die hohe Zahl armutsgefährdeter Kinder in Österreich ließ uns schon bisher annehmen, dass die realen Kosten, die für Kinder anfallen, viel höher sind, als die bisher als Grundlage herangezogenen Zahlen. Nun haben wir es durch die Kinderkostenstudie endlich schwarz auf weiß. Das Ausmaß der klaffenden Lücke zwischen Kinderkosten und Familienleistungen, die diese Kosten eigentlich abdecken sollten, ist dramatisch hoch und erreicht je nach Alter des Kindes bis zu 1.000 Euro monatlich. Insbesondere Alleinerziehende und Familien mit niedrigen Einkommen schaffen es nicht, diese Lücke jeden Monat aus eigener Kraft zu schließen. Leidtragende sind die Kinder.“

Die neuen Zahlen seien ein ganz wichtiger Grundstein im Kampf gegen Kinderarmut, so Parr. Nicht zuletzt aufgrund der hohen Armutsgefährdung von Kindern und Jugendlichen in Österreich hat die Caritas in der Vergangenheit wiederholt eine Überprüfung der Familien- und Sozialleistungen auf ihre Armutsfestigkeit und ihre verteilende Wirkung hin gefordert: „Wir wissen - erneut bestätigt durch die heute präsentierten Daten des WIFO - dass Familien je nach Einkommenssituation unterschiedlich stark von den derzeitigen Leistungen profitieren. Hier müssen wir basierend auf der neuen Kinderkostenstudie rasch nachjustieren.“ 

Familienbonus, Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe Neu und Unterhaltsvorschuss anpassen!

So genannte Quick Wins im Kampf gegen Kinderarmut wären laut Parr die sofortige Anpassung von Leistungen wie dem Familienbonus, der Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe Neu und des Unterhaltsvorschusses: „Der Familienbonus ist in seiner aktuellen Gestaltung kein geeignetes Instrument im Kampf gegen Kinderarmut. Von der ‚Steuergutschrift‘ profitieren nämlich vor allem mittlere und höhere Einkommen. Jene Familien nicht, die beispielsweise in der Pandemie von Einkommensverlusten oder Arbeitslosigkeit betroffen sind, gehen oft leer aus.“ Bei der vergleichsweise sehr kostenintensiven Form der Unterstützung müsse jedenfalls die Wirkung auf Verteilungsgerechtigkeit handlungsanweisend sein und die Leistung entsprechend angepasst werden, damit alle Kinder gleichermaßen davon profitieren können, so Parr. 

Dringend notwendig seien auch österreichweit einheitliche bedarfsgerechte Kinderrichtsätze bei der Mindestsicherung bzw. der Sozialhilfe Neu sowie ein Rechtsanspruch auf den Alleinerzieherbonus und eine Ausweitung auf Alleinerziehende, die volljährige Kinder unterstützen müssen: „Bei den Kinderrichtsätzen ist deutlich sichtbar, dass die Sozialhilfe Neu keine österreichweite Einheitlichkeit gebracht hat. Welche Leistungen für Kinder vorgesehen sind, ist zwischen Ost und West sehr unterschiedlich und widerspricht dem Grundsatz ‚Jedes Kind ist gleich viel wert.‘“ Nach der Aufhebung der stark degressiv gestaffelten Kinderrichtsätze als verfassungswidrig sei es im Sinne der sozialen Sicherheit dringend geboten, einen einheitlichen Richtsatz für Kinder vorzusehen - egal wie viele Geschwister im gemeinsamen Haushalt leben. Zudem braucht es insgesamt eine Reform des Unterhaltsvorschusses. Die Regelbedarfssätze müssen an die neuen Werte der Kinderkostenstudie angepasst werden und es braucht einen Mindestunterhalt für jedes Kind auch über die Volljährigkeit hinaus, so Parr. 

Weg in Richtung Abschaffung von Kinderarmut einschlagen!

Die aktualisierte Kinderkostenstudie sei auch ein guter Anlass, um über die Entwicklung und Prüfung von Formen der Kindergrundsicherung nachzudenken: „Auf der nun vorliegenden Datenbasis ist es jetzt Zeit, ins Handeln zu kommen und das klare Ziel der Abschaffung von Kinderarmut nicht aus den Augen zu verlieren. Mit einer Kindergrundsicherung könnte ein Leben ohne Armut für jedes Kind und somit eine dauerhafte Lösung für armutsgefährdete Familien und insbesondere Alleinerziehende sichergestellt werden. Neben den monetären Leistungen müssen hier auch Sachleistungen wie ein Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung mitgedacht werden.“ Ganz wichtig seien außerdem umfassende Maßnahmen im Bildungs- und Gesundheitsbereich sowie Angebote, mit denen allen Kindern soziale Teilhabe garantiert werden. „Vor allem Bildung ist ein zentraler Schlüssel zur Armutsprävention“, so Parr. 

Positiv streicht die Generalsekretärin das Bekenntnis der Regierung zur Umsetzung der Europäischen Kindergarantie sowie die Einbindung der Zivilgesellschaft und relevanter Stakeholder im Rahmen des Multi-Stakeholder-Dialogs am 13. und 14. Dezember heraus: „Jetzt kommt es vor allem darauf an, dass die Stakeholderinputs tatsächlich Berücksichtigung im NAP finden, es ein klares budgetäres Bekenntnis bzw. finanzielle Mittel für die Umsetzung der EU- Kindergarantie gibt und ein Kinder- und Jugendbeteiligungsprozess stattfindet.“ Angesichts dessen, dass sich Armut auf alle Lebensbereiche von Kindern auswirkt, appelliert die Caritas, dass die Ergebnisse der Kinderkostenstudie auch in den Prozess des NAP Kinderchancen einfließen. „Gerne stellt die Caritas den beteiligten Verantwortlichen ihre Expertise zur Verfügung“, so Parr abschließend.